Zum Frühstück gab es natürlich Miles Davis, und zwar das vierte Set jenes Konzerts, das der am 23. Dezember 1965 in der für ihre Schlachthöfe berüchtigten Stadt gegeben hatte. Es bildete den Abschluß jener Konzertreihe, ging über gut eine Dreiviertelstunde und begann mit Stella by Starlight. Hans Köberlin war heute in einer empfänglichen Stimmung für jene Periode, die klassische des Jazz – Klassik erreicht durch Reduktion und Understatement –, bei dem Auftakt kam ihm ›Kinojazz‹ in den Sinn. Es gab keine Irritationen bei dem langsamen Stück, fast Vorweihnachtsstimmung, Trompete, Saxophon, Klavier und wieder Trompete, anschließend, auch diesmal in der schnellen Variante, All Blues. Das Stück wehrte sich bei Hans Köberlin gegen die meisten Modifikationen gegenüber der Kind of Blue-Fassung, so auch hier, wenn auch, wie gesagt, diesmal im Rahmen bleibend. Das dritte Stück des Sets war Yesterdays. In Hans Köberlins Sammlung von Miles-Davis-Konzerten tauchte dieser Jazzstandard nur hier auf, tauchte hier in der ihm gebührenden Melancholie auf; die Erinnerung an die vergangenen Tage kam wohl von jemandem, der der eben zitierten Mahnung de Sades weitgehend gefolgt war. Das abschließende Theme ging über fünf Minuten und ließ Miles Davis und Wayne Shorter im Wechselspiel hören.
(¡Hans Koberlin vive! oder Schreiben als Ausziehtanz. Versuch einer Langzeitdokumentation vom 2. Oktober 2013 bis zum 21. August 2014, nebst einem Prolog, anhebend bei der Schöpfung der Welt, und einem Epilog, fortdauernd bis zu deren Ende, Calpe, Berlin und Heide 2013ff., Zweiter Teil. Vom 20. Dezember 2013 bis zum 27. April 2014, XII [Fünfte Phase – oder: Un gringo en Calpe] Vom 10. Februar bis zum 6. März 2014, S. 1369).
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