… also: noch ein heftiger Kuß, dann ließ er die Sicherheitskontrollen über sich ergehen und setzte sich, übermüdet von dem wenigen Schlaf, in den Wartebereich vor dem Gate, legte seine Ohrhörer an und hörte, auf die Aufforderung zum Einstieg in das Flugzeug wartend, das dritte Set jenes Konzerts, das Miles Davis am 22. Dezember 1965 in der für ihre Schlachthöfe berüchtigten Stadt gegeben hatte. Dreieinhalb Stunden hatte das Quintett in den drei Sets dieses Tages gespielt, und am Folgetag sollten es fast vier Stunden in vier Sets werden. Dieses Set begann mit All Of You, Miles Davis spielte mit Dämpfer dann kam Wayne Shorters Part, der das Warten zu einem Film machte. Von der schwarzen Serie an bis zu den Anfängen der Nouvelle Vague waren Trompete und Saxophon die wichtigsten Instrumente bei Soundtracks, und das Klavier vielleicht noch – denn Herbie Hancocks Einsatz kam gerade –, und Baß und Schlagzeug … also: von der schwarzen Serie an bis zu den Anfängen der Nouvelle Vague kamen die wichtigsten Soundtracks von Jazzquintetten. Übergangslos erfolge der Tempowechsel zu Oleo, dann, ohne Dämpfer, I Fall In Love Too Easily, das einzige Stück, daß sie an diesem Dezembertag zweimal gespielt hatten, dann No Blues und I Thought About You, was Hans Köberlin natürlich tat, an die Frau denken nämlich, auch als er sich an den Rest der Schlange vor den beiden Schaltern anstellen mußte, dort das Ticket zur Kontrolle vorzeigte und zu den letzten Takten des Schlußthemas seinen Platz im Flugzeug einnahm.
(¡Hans Koberlin vive! oder Schreiben als Ausziehtanz. Versuch einer Langzeitdokumentation vom 2. Oktober 2013 bis zum 21. August 2014, nebst einem Prolog, anhebend bei der Schöpfung der Welt, und einem Epilog, fortdauernd bis zu deren Ende, Calpe, Berlin und Heide 2013ff., Zweiter Teil. Vom 20. Dezember 2013 bis zum 27. April 2014, XI [Erstes Intermezzo – oder: Zäsur] Vom 31. Januar bis zum 9. Februar 2014, S. 1156).