Montag, 7. März 2016

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Die Suche nach der Wahrheit – sei es die subjektive Wahrheit der Überzeugung, die objektive Wahrheit der Wirklichkeit oder die gesellschaftliche Wahrheit des Geldes und der Macht –, sie zeichnet den verdient Suchenden stets aus mit dem Preis der letzten Erkenntnis ihrer Nichtexistenz. Das große Los des Lebens fällt nur denen zu, die es auf gut Glück kaufen.
Der Wert der Kunst vesteht darin, daß sie uns aus dem Hier holt.

(Fernando Pessoa, Das Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares, hrsg. von Richard Zenith, Zürich 2003, S. 345).

Freitag, der 7. März 2014


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Um sich die Zeit zu vertreiben, denn vor lauter Vorfreude war er zu nichts Produktivem mehr in der Lage, blätterte Hans Köberlin in seinem Arbeitsjournal.* Dort hatte er am Samstag, dem 17. Januar 2009 etwas von John Cage exzerpiert. Wir kennten, so der Meister in dem Exzerpt, nicht mehr die genaue Definition von Traurigkeit und Heroismus. Vor langer Zeit wäre in Indien die Traurigkeit als das Resultat des Verlusts von etwas Geschätztem oder des Gewinns von etwas Unerwünschtem definiert worden. Hier hatte Hans Köberlin etwas ausgelassen, dann weiter: er, John Cage, habe erkannt, daß die Menschen im Westen nur einen Teil dieser Definition akzeptierten. Ebenso sei einem die Bedeutung von Heroismus abhanden gekommen, es sei nämlich nicht, wie Nixon unbeirrt glaube, die Frage, Schlachten zu gewinnen, heroisch, heroisch sei vielmehr, die Situation, in der man sich befände, zu akzeptieren. Das erinnerte Hans Köberlin daran, was er neulich bei David Foster Wallace gelesen hatte: Heroismus als das Vermögen, Langeweile zu ertragen.** Und einen Tag darauf hatte Hans Köberlin in einer Traumniederschrift festgehalten: »Ich vertraute auf mein Schwert, das an der Wand hing, und freute mich auf das Gemetzel.« Also wollte er wie Nixon einst Schlachten gewinnen?


* ›Blättern‹ im übertragenen Sinne, denn nur die Dateien des digitalisierten Arbeitsjournals gab es noch, es gab nichts mehr in der Art von handbeschriebenen Blättern.
** Als Hans Köberlin am Mittwoch, dem 12. März 2014, im Flugzeug zurück an die weiße Küste die Lektüre des Buchs von Thirlwell beendete, sollte er auf S. 427 dessen Bemerkungen über Nabokovs Pnin lesen und sich an seine eigene Lektüre seines eigenen Arbeitsjournals zu Beginn seiner Reise erinnern. Thirlwell schrieb nämlich: ständig kollidiere Pnin mit den unkünstlerischen Mißerfolgen der Welt; Amerika sei nicht sicherer als Europa, denn Pnin sei auch ein Überlebender aus Sankt Petersburg, nicht aus Warschau. So, wie jeder mit den Fehlern seines eigenen Lebens leben müsse, man habe keine Wahl (nebenbei: in Hans Köberlins Ausgabe, einer Übersetzung in sein Idiom, stand fälschlicherweise »Leben« statt »Lebens«).

(aus: ¡Hans Koberlin vive!, Kapitel XIII [Zweites Intermezzo – oder: Die Hälfte der Zeit des Exils], 7. bis 12. März 2014).