Herbert Neidhöfer, homme de lettres
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Sonntag, 31. Januar 2016
Freitag, der 31. Januar 2014
[122 / 202]
Er blickte um sich: … der Peñón de Ifach … die Hochhäuser … das Meer und der Horizont zwischen den Hochhäusern … die Sierra de Oltà unter dem blauen Himmel … die von staubigen Büschen gesäumten Salinen … die Avenida de los Ejércitos Españoles mit ihren Kreiseln … Es war ihm wie ein vorweggenommener Abschied, seine Stimmung steigerte sich in eine heftige emotionale Krise, er hätte weinen mögen … er wollte hier nicht weg …: er wollte bei der Frau sein, aber er wollte hier nicht weg, er wollte hier nie wieder weg, seine Tage sollten hier endlos so weitergehen.* Das alles hier war ihm so vertraut geworden, so zu einem Heim geworden, auch metaphysisch, sagte er sich sogar … Er dachte an den Traum der vergangenen Nacht und daß es schön wäre, das alles hier einmal für eine Woche oder zwei mit dem Busenfreund und den Seinen teilen zu können … er war, so sagte er sich, vollkommen aus der Welt geraten, hier, täglich über diese lange Zeit am Meer, und der Hilfsbuchhalter Bernardo Soares fiel ihm ein, der am 18. Mai 1930 in sein Livro de Desassossego notiert hatte, alle Gedanken, die Menschen je leben gelassen und alle Emotionen, die Menschen je aufgehört zu leben, seien ihm bei seinen Meditationen am Meer wie ein dunkles Resümee der Geschichte durch den Sinn gegangen.** Er, Hans Köberlin, hätte sich jetzt, um seine Emotionen in den Griff zu bekommen, am liebsten mit ein paar Flaschen Rotwein auf die Dachterrasse gesetzt und sich umgeben von diesem Ort langsam und dabei die richtige Musik hörend betrunken. Aber er wollte auch bei der Frau sein …
* »In keiner Ansicht ist die Welt reich genug, um es sich leisten zu können, nur zu geben, ohne zu nehmen.« (Hans Blumenberg, Die Sorge geht über den Fluß, Frankfurt am Main 1987, S. 157).
** Fernando Pessoa, Das Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares, hrsg. von Richard Zenith, Zürich 2003, S. 108.
(aus: ¡Hans Koberlin vive!, Kapitel XI [Erstes Intermezzo – oder: Zäsur], 31. Januar bis 9. Februar 2014).
Samstag, 30. Januar 2016
Donnerstag, der 30. Januar 2014
[121 / 203]
Und Edmond heute vor 139 Jahren …
Samstag, 30. Januar – Eine harte Angelegenheit, die mir heute ziemlich schwergefallen ist, an der Stelle wo Edmond und Jules stand, ein Buch, das gedruckt wird, mit einem einzigen Namen zu unterzeichnen.Edmonds Wehmut paßte ein wenig auch in unsere Stimmung, denn wieder war eine Phase vorbei, nicht müßig vertan, aber dennoch verflogen wie nichts …
Time passes by… hatte Dagmar Krause gesungen,* und Nietzsche hatte von der »Bosheit meiner Schneeflocken im Juni« gesprochen,** und wir haben nicht allzu arg vorgegriffen, als wir geschrieben – man lese bloß die Kapitelüberschrift auf der nächsten Seite –, daß die morgige Reise in die Hauptstadt zu der Frau – vor ein paar Wochen noch ein völlig undenkbares Unterfangen! – eine Zäsur – wesentlich tiefgreifender als die, die der letzte Besuch der Frau dargestellt hatte – in dem Exil des Hans Köberlin darstellen wird. Wir werden sehen, wie das alles weitergehen wird …
like a snowflake in the summer sky.
* Art Bears, Winter Songs (1979).
** Friedrich Nietzsche, Sämtliche Werke. Kritische Gesamtausgabe in 15 Einzelbänden, hrsg. von Giorgio Colli und Mazzino Montinari, München 2. Aufl. 1988, Bd. 4: Also sprach Zarathustra, Vom Gesindel, S. 126; er hatte allerdings damit, lieber Hans Köberlin, etwas anderes metaphorisch umschrieben als die Flüchtigkeit der Zeit: »Vorbei die zögernde Trübsal meines Frühlings! Vorüber die Bosheit meiner Schneeflocken im Juni! Sommer wurde ich ganz und Sommer-Mittag!« »… sehr engadinerhaft!«, wie er an Franz Overbeck schrieb. Etwa zu der gleichen Zeit, in der der pubertierende Hans Köberlin dem Pathos Nietzsches erfolgreich widerstand, hatten Genesis, deren Pathos er da noch nicht entwachsen war, erstmals ohne Peter Gabriel (dessen Ersetzung durch den schrecklichen Phil Collins dann auch der Anfang des Entwachsens sein sollte) gesungen, weshalb sich Hans Köberlin auch – wenn auch ohne den Kontext – an Nietzsche erinnerte …
Was it summer when the river ran dry,(Mad Man Moon auf A Trick of the Tail, 1976).
Or was it just another dam.
When the evil of a snowflake in June
Could still be a source of relief.
(aus: ¡Hans Koberlin vive!, Kapitel X [Phase IV – oder: modus vivendi], 7. bis 30. Januar 2014).
Freitag, 29. Januar 2016
Mittwoch, der 29. Januar 2014
[120 / 204]
Das Ithaka-Kapitel warf in einigen Passagen kein sonderlich gutes Licht auf Mr Bloom, indem es seine bildungsbürgerlichen Marotten in den Vordergrund stellte. Und dann sang Stephen dieses antisemitische Lied, was Bloom traurig stimmte, das hieß: weniger das Lied selber, als daß es Stephen war, der es sang, wozu er aber schwieg, während seine Gedanken von der den Christenjungen schlachtenden jüdischen Tochter aus dem Lied zu seiner Tochter abschweiften … wie er ihr die Uhr erklärt hatte …: »the translation in terms of human or social regulation of the various positions clockwise of movable indicators on an unmoving dial …« Hans Castorp war bei seinen müßigen Spekulationen auf dem Zauberberg auf das Phänomen gestoßen, daß man an einer Bewegung im Raum die Zeit ablas … Dabei fiel Hans Köberlin ein, was er neulich bei Lichtenberg gelesen hatte: »Wenn die Menschen nicht nach den Uhren gehen, so fangen endlich die Uhren an nach den Menschen zu gehen.« Früher, so spekulierte nun seinerseits Hans Köberlin, früher waren die Menschen nach der äußeren Notwendigkeit gegangen, mit der Uhr dann hatten sie sich ihre eigene, selbstgemachte (eigentlich unnötige?) Notwendigkeit gemacht, das hieß: die einen hatten diese Notwendigkeit gesetzt, um von der Regulation der anderen zu profitieren. Und wieder fiel ihm Thomas Mann ein: der kleine Hanno Buddenbrook und die Ammen-Uhr …* Die Tatsache allein schon, daß es Uhren gab, hatte zur Folge, daß die Menschen nach ihnen gehen mußten, eine Uhr, die nach dem Menschen ginge, wäre eine contradictio in adiecto.** Die globale Synchronisation … Andererseits erinnerte sich Hans Köberlin, wie er sich nach dem ersten Abschied von der Frau in der Stadt von Roberto Bolaños Exil auf Sants Estació über den hiesigen Regionalismus, der die Ursache dafür war, daß der Beamte an dem Informationsschalter ihm keine genauen Reisezeiten für die autonome Region an der weißen Küste hatte geben können, geärgert hatte …
* Achim von Arnim und Clemens Brentano, Des Knaben Wunderhorn. Alte deutsche Lieder, Studienausgabe, hrsg. von Heinz Rölleke, Stuttgart u. a. 1979, Bd. 3, S. 298:
Der Wind, der weht,Vgl. auch vom Verf. … du rissest dich denn ein., Berlin 2010, S. 382f.
Der Hahn, der kräht,
Die Glock schlägt drei,
Der Fuhrmann hebt sich von der Streu.
** »Es war sehr früh am Morgen, die Straßen rein und leer, ich ging zum Bahnhof. Als ich eine Turmuhr mit meiner Uhr verglich, sah ich daß schon viel später war als ich geglaubt hatte, ich mußte mich sehr beeilen, der Schrecken über diese Entdeckung ließ mich im Weg unsicher werden, ich kannte mich in dieser Stadt noch nicht sehr gut aus, glücklicherweise war ein Schutzmann in der Nähe, ich lief zu ihm und fragte ihn atemlos nach dem Weg. Er lächelte und sagte: ›Von mir willst Du den Weg erfahren?‹ ›Ja‹ sagte ich ›da ich ihn selbst nicht finden kann‹ ›Gibs auf, gibs auf‹ sagte er und wandte sich mit einem großen Schwunge ab, so wie Leute, die mit ihrem Lachen allein sein wollen.« (Franz Kafka, Ein Kommentar; oder: Gibs auf, wie Max Brod diese Prosastück betitelt hatte).
(aus: ¡Hans Koberlin vive!, Kapitel X [Phase IV – oder: modus vivendi], 7. bis 30. Januar 2014).
Donnerstag, 28. Januar 2016
Dienstag, der 28. Januar 2014
[119 / 205]
Am Dienstag, dem 28. Januar 2014, zeigte das eines der beiden archivierten Filmkalenderblätter anläßlich des Geburtstages von Ernst Lubitsch (*1892) ein Still aus dessen Meisterwerk To be or not to be.* Hans Köberlin hatte vom Klettern geträumt, und zwar war er mit jemandem in einer Kneipe, wo man wie in einer Halle auf zwei Touren zwischen den Gästen herumklettern konnte. Sein Begleiter war Profi und hatte die Ausrüstung, aber für ihn, Hans Köberlin, kein Seil. Da man nicht tief fallen konnte, versuchte Hans Köberlin, sich mit einer zusammengedrehten Plastikfolie zu sichern. Die Gäste waren Leute aus der einer ehemaligen Redaktion, in der er sich zum Broterwerb verdingt hatte. Er wollte dann in der ehemaligen Redaktion einem Kollegen eine Audiocassette oder eine CD geben, weil der geheiratet hatte oder heiraten wollte, traf ihn aber nie an, nur die Kollegin, die sich mit ihm, dem Kollegen, das Büro geteilt hatte.
* Das zweite Filmkalenderblatt zeigte ein Still mit Robert Meyer, wie er in Die Ameisenstraße (Michael Glawogger, 1995) in einem Hemd mit Ameisenmuster vor einer Tapete mit dem gleichen Ameisenmuster stand. Joyce hatte ja in Finnegans Wake aus ›Ameise‹ und ›amazing‹ »ameising« kreiert. Mit Ameisen und ihren Straßen und ihren Nestern sollte es Hans Köberlin im Sommer noch zu tun bekommen, siehe unten. Das heutige Blatt aus dem aktuellen Zitatenkalender, auf dem übrigens auch Lubitsch Geburtstag angezeigt wurde, würde am 5. Februar 2014 Hans Köberlin einen Cartoon von Ari Plikat präsentieren: ein Mann stand mit einem Notizblock vor einem Restauranttisch mit einem Paar, das Speisekarten in der Hand hielt, und meinte zu ihnen: »Nee, nee, ich bin kein Kellner, ich schreibe ein Buch über Leute, die nie bedient werden!«
(aus: ¡Hans Koberlin vive!, Kapitel X [Phase IV – oder: modus vivendi], 7. bis 30. Januar 2014).
Mittwoch, 27. Januar 2016
Montag, der 27. Januar 2014
[118 / 206]
Wir haben beide Episoden zitiert, die erste weil wir die Vorstellung eines von einem plötzlich wahnsinnig gewordenen Keller in der Dusche hängengelassenen Daudets äußerst amüsant fanden – eine Komödie mit Louis de Funès in der Rolle des unter Ataxie leidenden Dichters … – und weil sie außerdem ein erneuter Beleg dafür war, daß man einem von der schreibenden Zunft nichts Intimes erzählen sollte …, und die zweite weil wir bei der an Lichtenbergs Diktum – »Ich kann freilich nicht sagen, ob es besser werden wird wenn es anders wird; aber so viel kann ich sagen, es muß anders werden, wenn es gut werden soll.«* – gemahnenden Eloge einer Veränderung um jeden Preis, selbst um den einer späteren Unzufriedenheit mit ihr, der Veränderung, bei diesem »Widerstreit von Konstanz und Steigerung, zwischen Anstößigkeit des Zuverlässigen und Aussichtsreichtum des Unbestimmten«,** an Diotima denken mußten. Vorher sollte doch eine Auseinandersetzung mit dem Gegebenen kommen … man mußte schon arg mit dem Rücken an der Wand gestanden haben …
* Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher; in: Schriften und Briefe, München 1968ff., Bd. 2, S. 450. – Als wir die Quelle verifizieren wollten, weil wir vergessen hatten, daß wir bloß hätten in Telos nachschlagen müssen (vgl. vom Verf. Telos oder Beiträge zu einer Mythologie des Clemens Limbularius, Berlin 2013, S. 88 und dort die Fußnote 311), da stießen wir, weil wann immer und warum auch immer wir die Sudelbücher zur Hand nahmen, sie nicht weglegen konnten, ohne in ihnen zu stöbern, im Heft K auf folgenden Eintrag, den man auch hätte zu der vorherigen Episode anwenden können: »Während man über geheime Sünden öffentlich schreibt, habe ich mir vorgenommen, über öffentliche Sünden heimlich zu schreiben.« (ebd., S. 439). Die Brüder machten, wie man mittlerweile wohl bereits bemerkt hat, beides.
** Hans Blumenberg, Die Sorge geht über den Fluß, Frankfurt am Main 1987, S. 149.
(aus: ¡Hans Koberlin vive!, Kapitel X [Phase IV – oder: modus vivendi], 7. bis 30. Januar 2014).
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Dienstag, 26. Januar 2016
Sonntag, der 26. Januar 2014
[117 / 207]
Dann las er bei Pessoa die Passage mit der Nummer 45 …
Ein leidenschaftsloses, kultiviertes Leben leben, im Freien der Ideen, lesend, träumend und ans Schreiben denkend, ein Leben, so hinlänglich langsam, daß es stets dem Überdruß nahe kommt, doch hinreichend überlegt, um ihm nicht zu nahe zu kommen. Dieses Leben fern von Gefühlen und Gedanken leben, nur in Gedanken an Gefühle und an die Gefühle der Gedanken. Golden stillstehen in der Sonne wie ein dunkler, von Blumen gesäumter See. Im Schatten so einzigartig vornehm sein, nichts zu verlangen vom Leben. In der Volte der Welten Blütenstaub sein, aufgewirbelt von einem ungekannten Wind in die Nachmittagsluft und von der reglosen Abenddämmerung fallen gelassen an einem Zufallsort, sich verlierend unter größeren Dingen. Dies alles in sicherem Wissen sein, weder heiter noch traurig, der Sonne dankbar für ihren Schein und den Sternen für ihre Ferne. Nicht mehr sein, nicht mehr haben, nicht mehr wollen … Die Musik des Hungrigen, das Lied des Blinden, das Andenken des unbekannten Wanderers, die Spuren des Kamels in der Wüste, ohne Last noch Ziel …*Dieser Text kam Hans Köberlins Absichten und Idealen sehr nahe, war aber von Entsagungsvorsätzen getränkt, die unserem sinnlichen Helden nicht entsprach, jedenfalls nicht in allen Bereichen – den wichtigen, sexuellen, rauschhaften – entsprach … Hans Köberlin modifizierte den Text …
EinEr fragte sich, ob man das eine ohne das andere leben konnte, ein dionysischer Stoiker sein …leidenschaftsloses,kultiviertes Leben leben, im Freien der Ideen, lesend, träumend und ans Schreiben denkend, ein Leben, so hinlänglich langsam, daß es stets dem Überdruß nahe kommt, doch hinreichend überlegt, um ihm nicht zu nahe zu kommen. Dieses Lebenfern von Gefühlen und Gedankenleben,nurin Gedanken an Gefühle und an die Gefühle der Gedanken. Golden stillstehen in der Sonne wie ein dunkler, von Blumen gesäumter See. Im Schatten so einzigartig vornehm sein, nichts zu verlangen vom Leben. In der Volte der Welten Blütenstaub sein, aufgewirbelt von einem ungekannten Wind in die Nachmittagsluft und von der reglosen Abenddämmerung fallen gelassen an einem Zufallsort, sich verlierend unter größeren Dingen [nämlich der Liebe]. Dies alles in sicherem Wissen sein,weder heiter noch traurig,der Sonne dankbar für ihren Schein und den Sternen für ihre Ferne. Nicht mehr sein, nicht mehr haben, nicht mehr wollen [»mehr« immer bloß quantitativ gemeint] … Die Musik des Hungrigen, das Lied des Blinden, das Andenken des unbekannten Wanderers, die Spuren des Kamels in der Wüste, ohne Last noch Ziel …
Am Nachmittag ging Hans Köberlin, weil es relativ windstill blieb, einmal wieder zur ›Coral Beach Bar‹. Unterwegs, auf diesem wunderbaren Küstenwanderweg, fragte er sich, wie das wohl war, wenn man eine gelernte Profession beherrschte und gerne ausübte und damit in Lohn und Brot stand und derart gut war – wie das bei der Frau der Fall war –, daß man eine Entlassung nicht fürchten mußte, weil die Welt auf einen wartete … Hans Köberlin konnte sich das bloß abstrakt vorstellen.**
* (Fernando Pessoa, Das Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares, hrsg. von Richard Zenith, Zürich 2003, S. 54).
** Der Hilfsbuchhalter Bernardo Soares, um noch einmal auf das Livro do Desassossego zurückzukommen, hatte geschrieben, es sei der zentrale Irrtum der literarischen Phantasie, zu vermuten daß die anderen wie man selber seien und daß man selber wie sie fühlen müsse (ebd., S. 177). Außerdem, wie schon Demokrit gewußt hatte: »Viele, die nichts Vernünftiges gelernt haben, leben trotzdem vernünftig.« (Die Fragmente der Vorsokratiker, griechisch und deutsch von Hermann Diels, Berlin vierte Aufl. 1922, Bd. 2, S. 74).
(aus: ¡Hans Koberlin vive!, Kapitel X [Phase IV – oder: modus vivendi], 7. bis 30. Januar 2014).
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Montag, 25. Januar 2016
Samstag, der 25. Januar 2014
[116 / 208]
Beginnen wir den Samstag, den 25. Januar 2014,* wie gewohnt mit einer Traumschilderung Hans Köberlins: »Träumte von einer anderen Welt, in die ich mittels eines Behältnisses, wie es auf Baustellen verwendet wird, in Lewis-Carroll-Manier durch ein Loch in der Wand geriet. Die Aliens sahen aus wie Menschen und ihre Welt sah aus wie unsere Welt. Ich schloß Freundschaft mit einem weiblichen Alien und mit noch jemandem. Wir saßen irgendwo, ich blätterte in einer Zeitung, als mich ein Mann mit einem Schnauzbart (er sah aus wie der Fritz in Tote Taube in der Beethovenstraße) ansprach und fragte, ob ich Interesse an zwei Kisten mit Büchern hätte. Ich fragte mich, ob der schwul war und mich ködern wollte, hatte aber kein Interesse an Sex mit ihm und nahm nur die Kiste und fragte das weibliche Alien, ob ich sie bei ihr unterstellen könne. Die warnte mich vor der Polizei, denn das sei hier verboten.
* Es gab anläßlich des Geburtstags von Georg Tressler im Jahre 1917 gleich zweimal Stills aus Die Halbstarken, einmal wie Horst Buchholz einem jungen Mädchen im Sinne des Wortes an die Wäsche ging, und einmal wie er vor zwei Kumpels einen Jungen ärgerte. Und am 25. Januar 1990 war Ava Gardner gestorben. Das Filmkalenderblatt aus dem alten Jahrgang zeigte ein Still aus Buñuels Viridiana (1961), auf dem man sah, wie Fernando Rey sich über die liegende Silvia Pinal beugte und ihre Brüste entblößte … Hans Köberlin überlegte einen Moment, kam aber dann zu dem Schluß: »Zuviel Fernando Rey und zu wenig von den Brüsten Silvia Pinals«, und er legte das Blatt zurück in seine Filmkalenderblattsammelkiste.
(aus: ¡Hans Koberlin vive!, Kapitel X [Phase IV – oder: modus vivendi], 7. bis 30. Januar 2014).
Sonntag, 24. Januar 2016
Freitag, der 24. Januar 2014
[115 / 209]
… und begann danach erfrischt nach dem gestrigen Abschluß von Bretons Anthologie de l’humour noir mit der Lektüre von Peter Handkes Der große Fall, um den verschiedenen Stimmen noch eine solche, über die Jahre der Nichtlektüre ungewohnt gewordene, hinzuzufügen. Auch dieser Band war eher zufällig über ihn und in seine Basisbibliothek gekommen: Diotima hatte ihn, weil ihr die Erzählung nicht gefallen, aus ihren Büchern aussortiert, und Hans Köberlin, der eh einen Band dieses von ihm in einer wichtigen Phase seines Lebens geschätzten und verschlungenen Autors mitnehmen wollte (auch als Kontrollgruppe ›Stil‹), hatte sich angesichts ihrer momentan ausschließlichen Lektüre (esoterische Konstrukte, esoterische Ratgeber und esoterisches Weltverbesserungsgeschwätz)* gedacht, daß dieses Nichtgefallen vielleicht eher für Handke sprechen würde und den Band aus der Ausmusterungskiste gerettet. Handke erzählte von einem Schauspieler,** der sich nach der Liebesnacht mit einer Frau zufuß aufmachte, vom Haus der Frau in der Peripherie einer Metropole in das Herz der Metropole zu gehen.*** Dabei hatte er eine Reihe seltsamer Begegnungen, die ihm Anlaß zum Reflektieren und Räsonieren gaben. Am Ende der Erzählung dann, der Mann war der Frau, mit der er verabredet, bereits ansichtig, kam die Zielverweigerung: »Statt dessen der Große Fall.« Das, »der große Fall«, war aber, wie mehrfach, wahrscheinlich um zu irritieren, in Aussicht gestellt worden war – Handke hatte zu viele Anspielungen auf ein mögliches Ende, daß nur er kannte, gemacht –, kein Selbstmord gewesen.
* Leute, die in ihrem Leben spirituell seien, so konnte man unter dem Datum des 24. August 1867 im Journal der Goncourts lesen, Leute, die im Gespräch nicht dumm seien (was sie, nebenbei bemerkt als Bauernfänger auch nicht sein durften), ließen die heimliche und verborgene Dummheit ihres eigentlichen Wesens, ihren innersten Kern, den Schwachsinn, den sie versteckten, in ihre Bücher einfließen (vgl. Edmond & Jules de Goncourt, Journal. Erinnerungen aus dem literarischen Leben, Leipzig 2013, Bd. 4, S. 491).
** Hans Köberlin glaubte wegen des Duktus des Erzählens die Stimme Bruno Ganzʼ zu hören und das Agieren Bruno Ganzʼ zu sehen, obwohl Bruno Ganz – anders als Handkes Schauspieler in Peter Steins sportiver Guinnessbuchinszenierung den Faust gespielt hatte. In dem Büchermenschen im Wald glaubte Hans Köberlin wegen der Narbe auf der Stirn Rainald Goetz zu erkennen (es konnte aber auch Diderot gewesen sein, der ja auch eine blasse Narbe auf der Stirn gehabt hatte), ganz sicher war mit dem Schauspielerkollegen, der sich vom Meer hatte fortspülen lassen, der großartige Ulrich Wildgruber gemeint, den Hans Köberlin zwar in Zadeks Lulu auf der Bühne und in diversen Rollen im Fernsehen gesehen, den er aber vor allem als Stimme kannte, und eines seiner liebsten Hörspiele war das 1993 vom hessischen Rundfunk produzierte 57 Minuten lange Hörspiel Das Büro der schwarzen Stunde von Wilfried F. Schoeller, nach Texten von Fernando Pessoa.
*** Clemens Limbularius hatte einmal – gleichfalls an einem heißen Sommertag – in der Hauptstadt ein Projekt in die entgegengesetzte Richtung, also vom Zentrum in die Peripherie, unternommen, vgl. vom Verf. Telos oder Beiträge zu einer Mythologie des Clemens Limbularius, Berlin 2013, S. 362 und S. 366f.
(aus: ¡Hans Koberlin vive!, Kapitel X [Phase IV – oder: modus vivendi], 7. bis 30. Januar 2014).
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Samstag, 23. Januar 2016
Donnerstag, der 23. Januar 2014
[114 / 210]
Am Donnerstag, dem 23. Januar 2014, zitierte, wie Hans Köberlin noch erfahren sollte, das Kalenderblatt des Zitatenkalenders Machiavelli: nur durch die Armut und durch den Reichtum seien wir ungleich. Nun, das galt, so Hans Köberlin, aber nur unter gewissen Gesichtspunkten … es gab ja auch noch die gute alte Geschlechterdifferenz … Nur durch … nur durch …: das waren so wohlfeile Weisheiten, verkündet nach Tageslaune … Und Hans Köberlin sollte sich dann, als er das las, weiterhin sagen, daß diese angesprochene ökonomische – und damit politische! – Ungleichheit – selbst bei gleichen Ausgangslagen – eine soziale Konstante sei, resultierend aus verschiedenen Interessen …: der eine interessierte sich eben für ungleichen Besitz beziehungsweise willkürliche Machtverteilung (wobei ›ungleich‹ beziehungsweise ›willkürlich‹ dem daran Interessierten immer ›mehr als‹ bedeutete), der andere für das (ihm) ungleiche Geschlecht, von dem er nie genug bekommen konnte (wobei es gegen willkürliche Geschlechterdifferenzen keine Einwände gab) …; und mit ärmer und reicher, wegen ihm auch mit stinkreich, damit hatte Hans Köberlin sich arrangiert, aber man hatte es mit der Zivilisation noch nicht sehr weit gebracht, so sagte er sich, solange man wirkliche Armut und wirkliche Not duldete oder billigend inkaufnahm, ja sogar bewußt produzierte, um Druck von unten auszuüben … wobei da dann auch das ›wirklich‹ zu definieren wäre. Edmond de Goncourt hatte irgendwann 1890 notiert, Geld sei eine schmutzige Angelegenheit und könne nur durch Quantität rehabilitiert werden … wohl war, wohl war. – Wie dem auch sei, nach dem Blick in die Filmkalenderblattsammelkiste wußte Hans Köberlin, was er heute im Verlauf des Tages hören würde, denn auf dem Blatt vom vergangenen Jahr sah man eine besorgte Jeanne Moreau (geboren am 23. Januar 1928) am Telephon. Sie konnte ihren Geliebten nicht erreichen und ahnte ergo da noch nicht, daß die perfekt geplante Ermordung ihres Gatten durch ihn, ihren Geliebten, wegen eines steckengebliebenen Aufzugs ruchbar werden würde … Wir müssen wohl immer noch nicht sagen, daß –, können uns aber diesmal nicht verkneifen zu sagen, daß das Still aus Louis Malles Klassiker Ascenseur pour lʼéchafaud (1958) und daß der Soundtrack, den Hans Köberlin, wie gesagt, später am Tag hören sollte, von Miles Davis stammte …* Und nicht nur hatte Jeanne Moreau Geburtstag, am 23. Januar 1961 hatte auch Jules et Jim seine Premiere gehabt, weshalb das Filmkalenderblatt aus dem Jahre 1996 sie mit Henri Serre und Oskar Werner am Strand präsentierte.
* Außer der Geburtstag von Jeanne Moreau war der 23. Januar auch der Geburtstag von Hark Bohms Sohn Uwe (*1962), weshalb das Blatt von 2012 ein Still aus Nordsee ist Mordsee zeigte (da kam der Soundtrack übrigens von Udo Lindenberg, den Hans Köberlin bei jeder Tatort-Episode trommeln hörte und dessen Solokarriere er, Hans Köberlin, während seiner Pubertät – jaja, ein schwieriges Alter – über die ersten vier-fünf Alben verfolgt hatte), und schließlich war es noch der Geburtstag von Dan Duryea (*1907), den man 1997 neben June Vincent in William Neills The Black Angel (1946) sehen konnte, und es war der Todestag Humphrey Bogarts (†1957; eines der Kalenderblätter hatte wieder irrtümlich ein ›*‹ gesetzt).
(aus: ¡Hans Koberlin vive!, Kapitel X [Phase IV – oder: modus vivendi], 7. bis 30. Januar 2014).
Freitag, 22. Januar 2016
So ähnlich etwa …
Zappa hat diese Herangehensweise einmal als »obsessives Overdubbing« bezeichnet, womit er völlig richtig liegt. Es gab keinen Grund, so viele Bruchstücke so vieler Bänder zu verarbeiten – vier oder fünf hätten es auch getan –, außer der puren Freude an dieser Arbeit. Dort saß er, alleine, die Rasierklinge in der Hand (elektronisches Equipment konnte er sich erst später leisten), und hatte alles unter Kontrolle: Er war Herr über Zeit und Raum in einem Ambiente, das nur dazu da war, ihm und seiner Arbeit zu dienen.
(Barry Miles, Zappa, Berlin 2005, S. 344f.).
(Barry Miles, Zappa, Berlin 2005, S. 344f.).
Mittwoch, der 22. Januar 2014
[113 / 211]
Nach ein paar Minuten bat er ihn – noch kauend – herein und nahm ihm seinen Rucksack und den Anorak ab, um beides an der Garderobe aufzuhängen.
»¿Na, wie ist es Ihnen seit unserer ersten Begegnung ergangen. Kamen die Herren von der Guardia Civil nochmals vorbei?«
»Nein, die haben zur Zeit auch anderes zu tun …«
»¿Sie meinen die Leiche am Strand? Ja, das ist eine schlimme Sache …« und er blickte sinnierend ins Leere … Wußte er durch seine Nebentätigkeit mehr von dieser ›schlimmen Sache‹? – »¿Was kann ich denn für Sie tun?«*
»Die Form so lassen, bloß kürzen.«
»¿Wann waren Sie zum letzten Mal beim Friseur?«
* In seiner Nuova Enciclopedia überlieferte Alberto Savinio, zur Zeit Napolenons III. hätten die Friseure in der Stadt der Liebe ihre Kunden gefragt, ob sie einen Diplomatenkopf, einen Offizierskopf oder einen Bankierskopf wünschten (vgl. Alberto Savinio, Mein privates Lexikon, zusammengestellt und mit einem Nachwort versehen von Richard Schroetter, Frankfurt am Main 2005, Stichwort Masken und Verkleidung, S. 234). Hans Köberlin wollte eine zeitlose Frisur in der Manier eines Gentlemans während der klassischen Moderne, er wußte aber nicht, ob diese Beschreibung in seinem Sinne bei Carlos Metafonía ankommen würde und behielt sie für sich.
(aus: ¡Hans Koberlin vive!, Kapitel X [Phase IV – oder: modus vivendi], 7. bis 30. Januar 2014).
Donnerstag, 21. Januar 2016
Dienstag, der 21. Januar 2014
[112 / 212]
Nach dem Frühstück las Hans Köberlin im leeren Wintergarten im Ulysses weiter. Man saß in der Kutscherkneipe und wurde von dem Matrosen angesprochen. In diesem Kapitel war die Chance, auf schönen Schweinkram zu stoßen, gering. Bei Luhmann las er anschließend: »Man kann angesichts der Komplexität der Welt nicht alle Bedingungen der Möglichkeit eines Sachverhalts in den Begriff dieses Sachverhalts aufnehmen; denn damit würde der Begriff jede Kontur und jede theoriebautechnische Verwendbarkeit verlieren.« Und: »Jede andere Auffassung (als die Zwecklosigkeit der Kommunikation) müßte begründen, weshalb das System nach dem Erreichen seiner Zwecke fortdauert; oder man müßte, nicht ganz neu, sagen: Der Tod sei der Zweck des Lebens.«* Und: »Und selbst bei aktuellen Themen – selbst wenn man endlich einen Parkplatz gefunden hat und nach langen Fußmärschen das Café erreicht hat, wo es in Rom den besten Kaffee geben soll und dann die paar Tropfen trinkt – wo ist da Konsens oder Dissens, solange man den Spaß nicht durch Kommunikation verdirbt? (…) Es kann aber, und dies scheint mir für fernöstliche Kulturen zu gelten, auch umgekehrt sensibilisieren: Man vermeidet Kommunikation mit Ablehnungswahrscheinlichkeiten, man versucht Wünsche zu erfüllen, bevor sie geäußert wurden, und signalisiert eben dadurch Schranken; und man wirkt an der Kommunikation mit ohne zu widersprechen und ohne die Kommunikation dadurch zu stören, daß man Annahme oder Ablehnung zurückmeldet.« … wie Breton einmal gesagt hatte: hier bewege sich nicht der Mensch sondern die Erde. Und Jean Ferry, der gefragt hatte, ob es einem nicht auch schon einmal passiert sei, daß man den Fuß im Dunkeln auf die oberste Treppenstufe gesetzt habe, auf jene, die gar nicht vorhanden, und in diesem Land passiere einem das dauernd, der Stoff, aus dem jene nicht vorhandene Treppenstufe bestehe, sei hier der Stoff schlechthin.
* Novalisʼ 14. Blüthenstaubfragment fiel Hans Köberlin ein: »Leben ist der Anfang des Todes. Das Leben ist um des Todes willen.« (in: Novalis, Schriften. Die Werke Friedrich von Hardenbergs, hrsg. von Paul Kluckhohn und Richard Samuel, Stuttgart 1960ff., Bd. 2, S. 417).
(aus: ¡Hans Koberlin vive!, Kapitel X [Phase IV – oder: modus vivendi], 7. bis 30. Januar 2014).
Mittwoch, 20. Januar 2016
Montag, der 20. Januar 2014
[111 / 213]
Am Abend schaute er nach dem Essen wieder die Wiederholung einer Tatort-Episode, Schlafende Hunde (2010). Es ging so, es ging um Stasi-Seilschaften (»He, he, he –: da kann ich jetzt mitreden, nicht betreffs der Stasi, aber betreffs der Seilschaften!«) und ein süßer Hund (das war jetzt ironisch gemeint!) mußte sterben, und am sympathischsten fand Hans Köberlin noch den ehemaligen Stasi-Oberst, der auch den Hund vergiftet hatte, weil der, der ehemalige Stasi-Oberst, abgeklärt und professionell gewesen war … überhaupt: die Professionalität … Der interessanteste Teil des Plots, das implantierte Mißtrauen unter Kollegen, wurde en passant abgetan. Anschließend setzte er seine Hoffnung auf die Wiederholung einer Episode aus der Polizeiruf 110-Reihe, denn Kurt Böwe spielte mit, und dessen mecklenburger Charme mochte er. Der Fremde (1997) hieß die Episode, man machte auf Western und übertrieb den Klamauk zu arg, da konnte auch Kurt Böwe nicht mehr viel retten. Ingo Naujoks gab den Fremden, und Hans Köberlin glaubte, seine Chance auf seriöse Rollen hatte der – wie einst Rolf Zacher* – vertan. – Was Hans Köberlin an diesem Tag von John Zorn hörte, das war nicht mehr zu ermitteln.
* Hans Köberlin erinnerte sich an Rolf Zachers Auftritt in der Kommissar-Finke-Episode Strandgut (1972), wir zitieren aus dem Arbeitsjournal vom 22. Juni 2009: »Ein weiterer Syltkrimi neben Wodka Bitter Lemon (1975) mit Haferkamp: reiche ältere Herren mit einem Ruf zu verlieren wurden zu verfänglichen Situationen in die Dünen gelockt und anschließend von zwei Gaunern – einer, der Photograph, sehr schön von Rolf Zacher gespielt – erpreßt (wer einen Ruf zu verlieren hat, der scheint geradezu als intimen Ausgleich für diese soziale Anstrengung in den Status zu kommen, eine Geliebte zu brauchen). Als Kommissar Finke dann auftauchte, starben nacheinander die beiden Lockvögel. Diese Todesfälle, von denen nur einer ein Mord war, waren, wie am Ende herauskam, anders verlaufen als der Kommissar es sich gedacht und wie es offenbar ausgesehen, was man als Zuschauer aber bereits länger geahnt hatte. Eine angenehme Unterhaltung, eintauchen in ichweißnichtwas … ich kann nicht einfach sagen: ›So, jetzt bin ich ungestört, jetzt schreibe ich aber auch.‹«
(aus: ¡Hans Koberlin vive!, Kapitel X [Phase IV – oder: modus vivendi], 7. bis 30. Januar 2014).
Dienstag, 19. Januar 2016
Sonntag, der 19. Januar 2014
[110 / 214]
Nach dem Frühstück setzte er sich mit dem Gasofen an seinen Schreibtisch, da keine Sonne den leeren Wintergarten wärmte. Bei Kierkegaard, den er nach einer längeren Pause einmal wieder zur Hand nahm, fand Hans Köberlin überraschend, denn er hatte dies vollkommen vergessen, eine Metaästhetik der ›Posse‹. Von Possen konnte ja Hans Köberlin mittlerweile auch ein Lied singen, oder hätte gekonnt, wenn er gewollt. – Kierkegaard begann seine Ausführungen mit der Feststellung, daß wenn man bei der Darstellung von etwas »schlechthin« oder »überhaupt« mit der (einzig notwendigen) Abstraktion nicht zu Rande komme, es auch durch das Gegenteil erreichen könne, nämlich durch eine zufällige Konkretion, denn: »Dicht hinter dem Ideal kommt nämlich das Zufälliges als das Nächste.« Darauf folgte eine Beschreibung des ständigen Gelächters des Publikums als integralem Bestandteil der Aufführung – die Posse war also der Vorläufer der Sitcom mit ihrem Dosenlachen – und mit der Feststellung, daß die Posse ihre Sujets aus den unteren Sphären nehme, ein Tatbestand, der das dementsprechende Publikum seinen Status als Publikum vergessen ließe. Dann differenzierte er das Lachen des dementsprechenden Publikums von anderem, davon verschiedenen Lachen und schloß daraus, daß die Wirkung der Posse individuell produziert sei und damit das Publikum »von allen ästhetischen Verpflichtungen, zu bewundern, befreie. Es gab bei der Posse keine Rezeptionsvorschriften wie in der kanonisierten Kunst, die durch ihre Kanonisierung der Überraschung beraubt sei: »Man kann sich da nicht verlassen auf die Aussagen der Nachbarn, des Gegenübers und der Zeitungsblätter, ob man sich amüsiert hat oder nicht.«* Kierkegaard sprach der Posse jegliche Ironie ab und bezeichnete sie als naiv, doch diese Naivität sei für den, der nicht wie das dementsprechende Publikum von der Handlung involviert werde, illusorisch, was die Möglichkeit zu authentischen Stimmungen biete. Unter dem Ensemble einer Posse, so Kierkegaard weiter, dürften sich höchstens zwei oder drei Genies befinden, die das nicht durch Erlernen einer Kunst, sondern durch ihr Wesen wären (als »Lyriker« bezeichnete er sie)** – Henry Vahl fiel Hans Köberlin ein, und Willy Millowitsch –, der Rest der Truppe sei – wegen des eingangs erwähnten Umstands – am besten zufällig zusammengewürfelt und mit Mäkeln behaftet,*** das untergeordnete Personal wirke durch jene abstrakte Kategorie »überhaupt«. Diese zufällige Konkretion verweise den nicht involvierten Rezipienten auf die Wirklichkeit und er »sieht diese Zufälligkeit die Forderung erheben, die Idealität zu sein, welches sie dadurch tut, daß sie in die Kunstwelt der Szene eintritt.« Daß die Zufälligkeit die Idealität sein sollte, das gefiel Hans Köberlin, und er fragte sich, ob man betreffs des Unterlaufens der Erwartung der Rezipienten Kierkegaards Überlegungen zur Posse auch auf den Begriff des ›Genres‹ übertragen könne, etwa auf das Genre des Kriminalfilms … in den Grenzen des Genres bleiben und sie gleichzeitig transzendieren … der frühe Godard hatte das gemacht … Bande à part (1964) … Hans Köberlin mußte an seine Lieblingsunterscheidung denken, nämlich die von Lévy-Strauss in La pensée sauvage gemachte in Ingenieure, die eine Idee oder ein Ideal hatten, daß sie der Welt aufzwingen wollten, und in Briccolateure, die nahmen, was zufällig da war und dann schauten, was man damit machen konnte.****
* Weiter unten merkte Kierkegaard an: »Die Luft im Theater ist auch ziemlich rein, nicht infiziert von dem Schweiß und den Ausdünstungen eines kunstempfindenden und kunstbegeisterten Publikums.«
** Von einem meinte Kierkegaard: »Er kann nicht bloß gehen, er kann auch gegangen kommen.«
*** Eine Ausnahme sollte – natürlich! – die Liebhaberin bilden, bei ihr müsse man darauf achten, daß sie anmutig wäre und ihre Wirkung freundlich und wohltuend.
**** Vgl. vom Verf. HannaH & SesyluS oder Eine Reise aus der Welt in drei Tagen, Berlin 2. ein wenig verbesserte Auflage 2012, S. 350ff.
(aus: ¡Hans Koberlin vive!, Kapitel X [Phase IV – oder: modus vivendi], 7. bis 30. Januar 2014).
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Montag, 18. Januar 2016
Samstag, der 18. Januar 2014
[109 / 215]
Und wie begingen die Brüder 50 Jahre vor Arno Schmidts Geburtstag diesen Tag? – Nun: dem Nachgeborenen angemessen, und weil die behandelten Themen interessant sind (und, nebenbei bemerkt, weil stellenweise ein erschütternder Eindruck von unserem Säulenheiligen Flaubert vermittelt wird), wollen wir den längeren Eintrag aus dem Journal in seiner vollen Länge zitieren …
18. Januar – Bei Magny.… »Man lacht und geht« …: ach ja! Hans Köberlin hätte sich auch gerne einmal wieder einen Abend lang unter geistreichen Reden mit Freunden betrunken …
Man spricht über Schurkereien in der Literatur. Gautier streitet sie ab. Sainte-Beuve schlägt mit der Faust auf den Tisch: »Hören Sie auf! Jeden Tag bekomme ich infame Briefe! Schreibt man mir etwa nicht in Bezug auf Vigny: ›Wir warten darauf, Sie über Monsieur de Vigny sprechen zu hören, der von Ihnen gesagt hat: Sainte-Beuve ist eine Kröte, die jedes Wasser, in dem sie schwimmt vergiftet.‹ Ich bin sicher, daß das ein Universitätsprofessor ist. Nur die sind zu solchen Feigheiten in der Lage.«
Und man kommt auf die Frauen, das übliche Gesprächsthema. Gautier behauptet, er liebe nur die asexuelle Frau, das heißt die so junge, daß sich jede Vorstellung von Geburt, von Mutterschaft, von Entbindung verbietet; und er fügt hinzu, da er diesen Geschmack wegen der Polizisten nicht befriedigen könne, hätten sämtliche Frauen, ob sie nun zwanzig oder fünfzig seien, für ihn das gleiche Alter.
Da kommt Flaubert in Fahrt mit glühendem Gesicht, röhrender Stimme, die großen Augen rollend, und sagt, Schönheit sei nicht erotisch, schöne Frauen seien nicht zum Vögeln da, sie taugten als Modell für Skulpturen, die Liebe bestehe aus jenem Unbekannten, das Erregung hervorruft und die Schönheit sehr selten hervorruft. Er beschreibt sein Ideal, das sich als das Ideal der ordinären Rouchie herausstellt. Man zieht ihn auf. Nun sagt er, er habe nie wirklich eine Frau gevögelt, er sei Jungfrau, er habe aus allen Frauen, die er gehabt habe, die Matratze einer anderen erträumten Frau gemacht.
Währenddessen diskutieren Nefftzer und Taine über das Wort konkret, wundern sich dabei über alle Bedeutungen, die es umfaßt, und werfen dauernd mit Begriffen wie Idiosynchrasie* um sich.
Flaubert, der heute abend noch ein wenig großmäuliger ist als gewöhnlich und seine Paradoxa nicht mit Gautiers Leichtigkeit eines indischen Gauklers einwirft, sondern sie mühsam im Gleichgewicht hält wie ein Jahrmarktsherkules oder vielmehr einfach wie ein überspannter Provinzler, beteuert, der Koitus sei für die Gesundheit des Organismus überhaupt nicht vonnöten, er sei ein eingebildetes Bedürfnis. Taine gibt ihm zu bedenken, daß er, der kein großer Vögler sei, wenn er sich alle zwei oder drei Wochen dem Koitus widme, immerhin von einer gewissen Unruhe, einer gewissen Zwanghaftigkeit befreit sei und merke, daß er den Kopf freier habe für die Arbeit. Flaubert antwortet, daß er sich täusche, daß der Mann keinen Samenerguß brauche, sondern einen Erguß der Seele** und da er, Taine, im Bordell vögele, keinerlei Erleichterung empfinden könne, daß man Liebe brauche, daß man Erschütterung brauche, das Erbeben beim Drücken einer Hand. Wir geben ihm zu bedenken, daß sehr wenige von uns dieses Glück besäßen, da doch die, die sich nicht im Bordell befriedigten, eine alte Mätresse, eine Frau von der Straße oder eine rechtmäßige Gattin hätten, bei denen es weder Erschütterung noch Erbeben gäbe. Also hätte dreiviertel der Menschheit keinen Erguß der Seele und viel Glück, wenn er ihnen in einem ganzen Koitusleben dreimal begegne.
Das ganze Diner lang streitet man sich darüber herum; man läuft einmal um die Welt der Frage wegen. Flaubert beteuert, die Barbaren seien Päderasten und Sodomisten, während die Zivilisierten Masturbateure und Cunnilinguisten seien, wobei der Cunnilingus die religiöse Anbetung der Frau sei.
Vom Koitus kommt man zum Spleen. Taine klagt über diese besondere Krankheit unserer Profession. Wir, die das Genie für eine Neurose halten, finden sie ganz natürlich. Aber da kommt Gautier mit der Behauptung, das Genie sei im Gegenteil der Gipfel der Gesundheit, das vollkommene Gleichgewicht der vitalen Kräfte: »Und das Talent? frage ich ihn. – Ach ja, das Talent, da gebe ich Ihnen recht, das ist vielleicht eine krankhafte Veranlagung.«
Währenddessen ist Taine in seinen Wortschwall gestiegen wie ein schottischer Wanderprediger in seine kleine tragbare Holzkanzel. Er fordert, daß man den Spleen mit allen medizinischen, hygienischen, moralischen Mitteln bekämpft und vor allem mit einer guten Methode. Man kann ihm noch so laut zurufen, daß vielleicht unser ganzes Talent nur unter der Bedingung dieses nervösen Zustands existiert, er läßt sich nicht beirren. Er fordert, daß man gegen diese Zustände von Erschlaffung und Faulheit angehen soll, die ihm zu zeigen scheinen, daß Jahrhunderte an der Schieflage einer Geisteskultur abrutschen. Und stets Engländer und Protestant, sieht er die Heilung des Spleens, die Rettung und Erneuerung fatal verfallender Gesellschaften in der kindlichen Nachahmung der englischen Sitten, in jenem staatsbürgerlichen Leben, in einer Übernahme des englischen Patriotismus und Patrouillotismus – »]a, ruft ihm einer von uns zu, die Allianz von Talent und Nationalgarde!«
Man lacht und geht.
* Siehe dazu vom Verf. … du rissest dich denn ein., Berlin 2010, S. 381ff., wo wir darüber berichtet haben, wie Clemens Limbularius als der Herausgeber von Hans Köberlin sich mit dessen Essay über den Begriff der ›Idiosynkrasie‹ beschäftigt hatte.
** Wir möchten an dieser Stelle nochmals Shirley MacLaine mit ihrem Bonmot zu Wort kommen lassen, nämlich Männer, bei denen die Lust von Herzen komme (und Herz oder Seele …: cʼest bonnet blanc ou blanc bonnett!), seien ihr suspekt, denn die Lust solle etwas tiefer sitzen.
(aus: ¡Hans Koberlin vive!, Kapitel X [Phase IV – oder: modus vivendi], 7. bis 30. Januar 2014).
Sonntag, 17. Januar 2016
Freitag, der 17. Januar 2014
[108 / 216]
Die Sonne machte Hans Köberlin schläfrig, er legte seine Füße auf den zweiten Stuhl und nickte ein, ein paar Minuten nur, dann war er wieder frisch. »Die Hunde bellen, aber die Kamele ziehen vorbei«, las er bei Ingeborg Bachmann. Er schaute nach seiner elektronischen Post, der Verleger hatte auf ein Schreiben Hans Köberlins geantwortet, er wurde auf seine alten Tage anscheinend noch zum Lacanianer … Dann stieß er bei Shakespeare, bei dem er die Herkunft einer Phrase recherchierte, zufällig in The History of Troylus and Cressida, Act 1, Scene 2, auf eine Stelle, die ihm gefiel: »Indeed a Tapsters Arithmetique may soone bring his particulars as therein, to a totall.« Und dann begann er, nicht wie beabsichtigt morgen, sondern bereits heute, also einen Tag vor Arno Schmidts 100. Geburtstag, mit der Lektüre von Schwarze Spiegel, jener Erzählung, in der ein Ich-Erzähler in typisch schmidtscher Manier beschrieb, was ein Überlebender des finalen Atomkriegs 1960 (also dem Jahr, in dem Hans Köberlin geboren worden war) allein in der Lüneburger Heide so treiben würde. Er, an der Stelle des Protagonisten, so sagte sich Hans Köberlin, er hätte sich zum südlichsten Punkt Europas durchgeschlagen. Was Hans Köberlin von der Lektüre der diversen Romane und Erzählungen Arno Schmidts gelernt hatte – er hatte diesem Autor überhaupt viel zu verdanken –, das war das ad-hoc-Sicheinrichten, auch wenn es bloß um temporäre Aufenthalte ging (hier, an der weißen Küste, das war ein Mittelding: ein temporäres Andauerndes). Da standen sie alle in der Tradition Robinson Crusoes.* Hans Köberlin vermutete, Schmidt ging es in Schwarze Spiegel unter anderem auch darum, sich an der Bürokratie zu rächen, etwa bei der Postamtsszene …: ein kleinbürgerlicher Cioran, der die Welt untergehen ließ, um einmal hinter den Postschalter stehen und in fremden Briefen schnüffeln und später dann unbehelligt Bücher klauen zu dürfen …: seine Welt nach dem Atomkrieg war eine einzige Wunscherfüllungsphantasie. Aber einen Wunsch konnte man sich nicht alleine erfüllen, den wichtigsten …
* Es gab – neben Schwarze Spiegel und anderen Erzählungen Schmidts – noch einige Referenzen zu den Modalitäten seines Hierseins, denen er noch nicht nachgegangen war, Defoes Roman gehörte dazu und Shakespeares The Tempest und Stanley Kubricks Shining (1980).
(aus: ¡Hans Koberlin vive!, Kapitel X [Phase IV – oder: modus vivendi], 7. bis 30. Januar 2014).
Samstag, 16. Januar 2016
Donnerstag, der 16. Januar 2014
[107 / 217]
Mr Bloom traf in einem orientalistischen Ambiente – »A wine of shame, lust, blood exudes, strangely murmuring.« – die Hure Zoe,* die ihm »Schorach ani wenowach, benoith Hierushaloim« sang und deren rechte Brust er gerade noch so eben streicheln konnte, dann wurde er zum Lord Mayor und sogar zum Landesvater ernannt. Hans Köberlin legte den Ulysses zur Seite und nahm sich den zweiten Band der Sudelbücher, wo Lichtenberg schrieb: »Relationen und Ähnlichkeiten zwischen Dingen finden, die sonst niemand sieht. Auf diese Weise kann Witz zu Erfindungen leiten.« Das war auch Hans Köberlins Bestreben. Und zu dem Lemmi-Caution-Spruch von den Prinzessinnen und den Drachen fand er im Kommentarband zu den Sudelbüchern etwas von Rousseau in der Tradition Platons: »Les hommes seront toujours ce quʼil plaira aux femmes: si vous voulez donc, quʼils deviennent grands et vertueux, apprenez aux femmes ce que cʼest que grandeur dʼâme et vertu.« Später sollte Hans Köberlin unter sein Aufzeichnungen als Fazit in sein Arbeitsjournal schreiben: »War heute nachmittag in einer ziemlich kommoden Stimmung.«
* So hatte auch die Septuaginta den hebräischen Namen חוה übersetzt.
(aus: ¡Hans Koberlin vive!, Kapitel X [Phase IV – oder: modus vivendi], 7. bis 30. Januar 2014).
Freitag, 15. Januar 2016
Mittwoch, der 15. Januar 2014
[106 / 218]
Zurück im Haus, bereitete er sich sein Abendmahl, wenn etwas im Fernsehen kam, dann schaute er das (wie heute die Dokumentation zum 100. Geburtstag von Arno Schmidt), manchmal schaute er auch was, wenn nichts im Fernsehen kam, dann ärgerte er sich über sich selber, sonst saß er am Schreibtisch, trank noch das ein oder andere Glas Wein, hörte Musik und las und schrieb über das Gelesene und das dabei Reflektierte.
Wir müssen gestehen, daß auch wir den ästhetischen Zustand hier genießen und es bei jeder uns bietenden Gelegenheit Hans Köberlin gleichzutun versuchen: wir lesen in seinen Büchlein, trinken von seinen Weinchen und machen uns seine Gedankchen (wir schlafen allerdings nicht in seinem Bettchen und vögeln auch nicht sein Frauchen). Wir hatten bereits überlegt, uns Unterstützung zu rufen, jemanden, der über uns berichtete, wie wir (nicht) über Hans Köberlin berichteten, Supervision quasi … aber auch diese Unterstützung bräuchte bald einen externen Berichterstatter, denn die Möglichkeit einer artgerechten Haltung war schier unwiderstehlich. Vielleicht, wenn wir drei wären …
- der Beobachter (Hans Köberlin),
- ein Beobachter zweiter Ordnung (wir, die wir Hans Köberlin beobachteten, wie Hans Köberlin beobachtete) und
- noch ein Beobachter zweiter Ordnung* (der Externe, der uns beobachtete, wie wir Hans Köberlin beobachteten, wie Hans Köberlin beobachtete vulgo: ein Leser, denn allein ein Leser – oder besser: viele Leser können noch reflektieren, was wir beim bloßen Zusammentragen des Materials nicht reflektieren konnten und was Hans Köberlin – siehe Kafka – als Betroffener schon gar nicht reflektieren konnte),
»He, du Welt da draußen! – Sag: gibt es noch Mäzene?«
Reich wurde man ja heute nicht mehr durch Arbeit, sondern durch Partizipation an einem virtuellen System … Man müßte sein eigenes virtuelles System etablieren, ein System, das keine andere Funktion hätte, als unseresgleichen – Hans Köberlin, Clemens Limbularius, den Busenfreund, dem Verleger … – ein gutes Leben zu ermöglichen …: ein perpetuum mobile?
* Vgl. vom Verf. Telos oder Beiträge zu einer Mythologie des Clemens Limbularius, Berlin 2013, S. 54 und dort die Fußnote 204: »Einen Beobachter dritter Ordnung gab es nicht … Aber völlig überrascht lasen wir neulich in Niklas Luhmanns Die Politik der Gesellschaft, hrsg. von André Kieserling, Frankfurt am Main 2002, S. 312 in Klammern und mit Ausrufungszeichen versehen: ›(dritter Ordnung!)‹«. Auch wir haben diesen ominösen Beobachter dritter Ordnung bei Luhmann nochmals erwähnt gefunden, nämlich in Das Medium der Kunst; in: Schriften zu Kunst und Literatur, hrsg. von Niels Werber, Frankfurt am Main 2008, S. 136f., wo er der Theorie, und in Weltkunst; in: ebd., S. 214, wo er mit dem Autor (»wir« = Luhmann) gleichgesetzt wurde. Und in dem Text Weltkunst (a. a. O., dort insbes. S. 223) wird der Beobachter dritter Ordnung sogar theoriekonstituierend, denn »nur der Beobachter dritter Ordnung (verfügt) über einen Begriff der Einheit des (binären) Codes.« Und schließlich eine Passage in dem Text Wahrnehmung und Kommunikation anhand von Kunstwerken (in: ebd., S. 255), die für die von uns gewählte Form von Telos und von dieser Langzeitdokumentation relevant ist: »Man wird erwarten dürfen, daß dies [der Versuch des Künstlers, seine Unabhängigkeit zu wahren] im Wege der Selbstfaszinierung durch das im Entstehen begriffene Kunstwerk geschieht, das bestimmte Züge ›verlangt‹ und dadurch Aufmerksamkeit bindet. Aber auch hier gibt es Ansätze zu einer Beobachtung dritter Ordnung, nämlich zur Demonstration von Authentizität im vollen Wissen der auf der Ebene der Beobachtung zweiter Ordnung laufenden Kommunikation.« – Es war Hans Köberlin als Dilettanten nicht ganz klar, ob Luhmann diese Instanz bloß für das Kunstsystem vorgesehen hatte.
(aus: ¡Hans Koberlin vive!, Kapitel X [Phase IV – oder: modus vivendi], 7. bis 30. Januar 2014).
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Donnerstag, 14. Januar 2016
»Nous n’avons jamais été modernes.«
»Vom Erzähler E. T. A. Hoffmann laufen mehrfache Linien über ein Jahrhundert hinweg zu den modernen Autoren. Zu ihnen gehört die Kultur des Nachdenkens über das Erzählen während des Erzählens, des Redens über die poetische Arbeit in deren Vollzug selbst (…) Damit entdeckt und definiert sich die berichtete Welt als eine konstruierte. Das Erzählen wird von einem Medium, das gesicherte Wirklichkeit vermittelt, zu einer Tätigkeit, in der eingestandenermaßen etwas aufgebaut und angefertigt wird. Was so bei Hoffmann begonnen hat (…), das kann im modernen Erzählen zur großen Konstitutionsregel werden. Da schimmert dann die Tätigkeit des Erzählers nicht nur da und dort in der erzählten Szenerie auf, sondern sie ist ebensosehr durchgezogener Gegenstand des Berichts wie die Geschichte / Fabel / Story selbst. Man pflegt solches ein ›Spiel‹ zu nennen, dort ein romantisches, hier ein avantgardistisches, und unterstellt damit, daß die betreffenden Autoren eines Tages schon wieder zum ›richtigen Erzählen‹ zurückkehren würden. In Wahrheit aber bewegt dieses angebliche Spiel meist der höhere ›Ernst‹ als die richtig und tüchtig erzählten Schicksalsläufe nach vertrauten Mustern. Das ›solide Erzählen‹, wie es eine zwischen Treuherzigkeit und Arroganz schwebende Kritik und eine mit den ›berechtigten Wünschen unserer Leser‹ vertraute Verlegerschaft fordern und fördern, ist in Wahrheit dem mechanistischen ›Spiel‹ näher, als es selbst je zugeben würde. Denn es operiert mit längst ausprobierten Erzählmustern und gewinnt seine Effekte allein über das ungewohnte Zusammensetzen gewohnter Teile.«
(Peter von Matt, … fertig ist das Angesicht. Zur Literaturgeschichte des menschlichen Gesichts, Frankfurt am Main 1989, S. 236f.).
Das war als es geschrieben wurde, nämlich im Jahre 1983, bereits ein alter Hut, und es ist bedenklich, daß man es gut 30 Jahre später immer noch zitieren muß.
(Peter von Matt, … fertig ist das Angesicht. Zur Literaturgeschichte des menschlichen Gesichts, Frankfurt am Main 1989, S. 236f.).
Das war als es geschrieben wurde, nämlich im Jahre 1983, bereits ein alter Hut, und es ist bedenklich, daß man es gut 30 Jahre später immer noch zitieren muß.
Dichte Beschreibung
Zwischen Suppe und Mund kann sich vieles ereignen.
(Ror Wolf, Fortsetzung des Berichts, Frankfurt am Main 2010, S. 72).
(Ror Wolf, Fortsetzung des Berichts, Frankfurt am Main 2010, S. 72).
Dienstag, der 14. Januar 2014
[105 / 219]
Als Hans Köberlin am Dienstag, dem 14. Januar 2014,* erwachte, da wurde ihm klar, daß er den Moment, an dem es an sein Eingemachtes ginge, noch nicht erreicht und den Verrat Diotimas noch nicht überwunden hatte. Er nahm den auf dem verwaisten Platz neben sich liegenden kleinen Laptop und schrieb das eben realisierte, seine gestrige Weinbilanz und seine Traumerinnerung nieder: »Kurz nach neun Uhr im Bett. Habe den Moment, an dem es an mein Eingemachtes geht, noch nicht erreicht und den Verrat Diotimas noch nicht überwunden. Kam gestern auf gut eineinhalb Flaschen Rotwein. Bin nach vier einmal mit Beklemmungsgefühlen wachgeworden. Träumte, C___ und S___ wären zu Besuch hier, wobei S___ auch Züge von M___ hatte, weswegen er mir da nicht so nahe war, wie er es eigentlich ist. Dann überraschend kam noch O___. Er steckte in einem metallenen Gestell, wie es Leute tragen, die einen Unfall an der Wirbelsäule hatten. An dem Gestell war eine Art von Galgen, an dem an einer Spiralfeder eine Rinne zur Nahrungsaufnahme hing, über dem Gestell trug O___ einen Pullover mit einem Rautenmuster, wie es die Socken haben, die ich im vergangenen Jahr zum Geburtstag bekommen. Ich sagte, er sähe wegen des ganzen Blechs aus wie Don Quijote.** Er legte die Teile des Gestells ab, die wurden gleich von den herumwieselnden Kindern der Touristen aus Nordeuropa und der Einheimischen zum damit Spielen verschleppt. Mir fiel der Gleichmut auf, mit dem er das geschehen ließ. Das Herumgewiesel ging mir auf die Nerven und ich verschaffte mir paarmal grob Freiraum. Eine Touristin aus dem Land meiner Herkunft war da, die hatte ein behindertes Kind. C___ gab mir einen Zettel mit einer Einladung zu einem Fest in eine Lokalität, ich machte mir eine Kopie. Dann wollten wir, glaube ich, gemeinsam kochen.«
Hans Köberlin stand auf, machte seinen Dauerlauf unter einem wolkenverhangenen Himmel und frühstückte im leeren Wintergarten, und während des Frühstücks stellte sich seine Stabilität wieder ein. Als er dann mit den Büchern und dem großen Laptop an dem Tisch im leeren Wintergarten zu und The 40th Anniversary Special Edition of Tago Mago und The Lost Tapes von CAN las und schrieb, da mußte er an die Wanderungen mit der Frau denken, vor allem an die letzte mit dem langen Abweg und da an den letzten Teil des Rückwegs. Der Maler bei Proust und seine kleine gelbe Mauerecke kurz vor seinem Tod …***
* … dem Todestag von Lewis Carroll (†1898) und Geburtstag von Mishima (*1925) und dem Geburtstag von Harriet Andersson, weshalb das archivierte Filmkalenderblatt von 1997 sie in Mennesker modes og sod musik opstar i hjertet (Henning Carlsen, 1967) zeigte, wie sie im Bett liegend den neben ihr liegenden Erik Weders mit Pralinen fütterte.
** Im Journal der Brüder konnte man unter dem Datum des 29. Januar 1862 den Eintrag lesen, ein Mann, dessen Gesicht einige Züge von Don Quijote aufweise, habe auch stets einige schöne Züge in der Seele (vgl. Edmond & Jules de Goncourt, Journal. Erinnerungen aus dem literarischen Leben, Leipzig 2013, Bd. 3, S. 202).
*** Vgl. vom Verf. … du rissest dich denn ein., Berlin 2010, S. 78: »Bei diesem Satz, beziehungsweise wegen des exponierten Platzes, den er in den Tagebüchern [Hans Köberlins] einnahm, fiel Clemens das Ende Bergottes ein, wie Proust es in La Prisonnière beschrieben hatte: der kranke Maler war trotz des von den Ärzten aufgestellten Gebots der absoluten Ruhe in eine Vermeerausstellung gegangen, um dessen Ansicht von Delft wegen einer von ihm, Bergotte, für vollkommen erachteten kleinen gelben Mauerecke unter einem Dachvorsprung – die es bekanntlich auf dem Gemälde Vermeers nicht gab – zu betrachten. Vor dem Bild sprach er mehrmals vor sich hin: ›petit pan de mur jaune avec un auvent, petit pan de mur jaune‹, bekam dann einen Schlag, dachte, es läge an den zuvor verzehrten Kartoffeln – ›C’est une simple indigestion que m’ont donnée ces pommes de terre pas assez cuites, ce n’est rien.‹ – (Kartoffeln gelten ja manchen als eine heimtückische Speise, wie man etwa bei dem Spinner Rudolf Steiner nachlesen konnte), war optimistisch, daß es gleich vorübergehen würde, und starb.«
(aus: ¡Hans Koberlin vive!, Kapitel X [Phase IV – oder: modus vivendi], 7. bis 30. Januar 2014).
»Dir bleiben die Tage und die Nächte, der Verstand, die Gewohnheiten, die Welt.«
Wenn man mir sagte, auf dem Mond gebe es Einhörner, so hielte ich diese Auskunft für richtig oder falsch oder behielte mir das Urteil vor, aber ich könnte sie mir doch vorstellen. Sagte man mir dagegen, daß auf dem Mond sechs oder sieben Einhörner drei sein könnten, so hielte ich dies von vornherein für unmöglich. Wer einmal begriffen hat, daß drei und eins vier sind, macht nicht mit Münzen, Würfeln, Schachfiguren oder Bleistiften die Probe. Er begreift es, und das genügt ihm. Er kann sich keine andere Zahl vorstellen.
(Jorge Luis Borges, Blaue Tiger; in: Werke in 20 Bänden, hrsg. von Gisbert Haefs und Fritz Arnold, Frankfurt am Main 1993ff., Bd. 13: Spiegel und Maske, S. 206ff.).
(Jorge Luis Borges, Blaue Tiger; in: Werke in 20 Bänden, hrsg. von Gisbert Haefs und Fritz Arnold, Frankfurt am Main 1993ff., Bd. 13: Spiegel und Maske, S. 206ff.).
Mittwoch, 13. Januar 2016
Montag, der 13. Januar 2014
[104 / 220]
Der Montag, der 13. Januar 2014, hatte als Gedenktag eine besondere Beziehung zu Hans Köberlins momentaner Lektüre, denn an diesem Tag vor 73 Jahren war in seinem Exil James Joyce verstorben, am Ende blind wie Homer. Das einzige archivierte Filmkalenderblatt aus dem Jahr 1997 verzeichnete seinen Todestag nicht, obwohl Hans Köberlin mindestens von einer Verfilmung des Ulysses wußte (Joseph Strick, 1967; leider hatte er den Film noch nie gesehen),* und es gab natürlich noch (diesen Film hatte er bei seinem Erscheinen im Kino gesehen) John Hustons letzten Film, die Adaption von The Dead (1987), … das einzige archivierte Filmkalenderblatt aus dem Jahr 1997 verzeichnete also den Geburtstag von Albert Lamorisse (*1932) und zeigte aus diesem Anlaß ein Still aus Le ballon rouge (1956), auf dem Pascal Lamorisse (Alberts Sohn?) eine lange Treppe hinabstieg (vom Montmartre?),** wobei der titelgebende rote Ballon an einer Straßenlaterne befestigt zu sehen war.
»Träumte, ich hätte ein neuartiges Präzisionsgewehr, mit dem ich auf Leuchtreklamebuchstaben schoß, so zum Beispiel auf das orangene C des ›Consum‹, was mir großen Spaß machte. Dann funktionierte das Ding nicht mehr und ich wurde wach.«
Hans Köberlin las noch ein wenig im Bett und machte dann seinen Dauerlauf. Als er an dem ›Ifach-Park‹ genannten großen Gebäudekomplex (mit Appartements, Läden, Restaurants, einer Diskothek, Sportanlagen et cetera) vorbeilief, standen dort ein Fahrzeug der Guardia Civil, eines der Policía Local und ein Leichenwagen.
* Anthony Burgess hatte in seinem Vorwort zu Joyce Images darauf aufmerksam gemacht, daß Joyce kein optischer Autor gewesen sei und daß er Gestalten geschaffen habe, die man kaum sehen könne (vgl. James Joyce Bilder, entworfen und gestaltet von Bob Cato, hrsg. von Greg Vitiello und mit einer Einführung von Anthony Burgess, Frankfurt am Main 1994, S. 7). Hans Köberlin hatte ungefähre Vorstellungen von Bloom, Molly – die sah ihm wegen der bereits erwähnten Verwechslung aus wie Eva Mattes –, Simon Dedalus und seinem Sohn Stephen, von Buck Mulligan und natürlich von Gerty MacDowall. Am Mittwoch, dem 14. Oktober 2015, sollte er endlich in der Wohnung der Frau auf seinem geretteten VHS-Recorder Joseph Stricks Film – der, nebenbei bemerkt, sich die gleichfalls gerettete VHS-Cassette mit Scorseses Taxi Driver (1975) teilte – sehen. Hier das, was er in seinem Arbeitsjournal vermerkt: »Mittwoch, den 14. Ein guter Start in den Tag, dann schaute ich mir aus einer spontanen Laune heraus, als die Frau zur Dentistin und anschließend zur Arbeit gefahren war, endlich Ulysses an. Hatte dabei ein schlechtes Gewissen, weil sie arbeiten muß und Streß hat, während ich müßig und erfolglos bin. Wie jedes Jahr eine leichte Buchmessenkrise des Nichtdabeiseienden. – Dieser Film (Ulysses) ist, glaube ich, nur etwas für die, die den Roman kennen. Es war eine unvollkommene Visualisierung des dünnen Handlungsfadens, quasi die Gags und die Stellen (soweit das damals ging – nicht weit also, es gab aber dennoch einen Skandal), mit Gesichtern und Gestalten, die nicht mit meinen Imaginationen kongruierten (vor allem Stephen, Mr Bloom und Molly nicht); aber für mich, der ich seit meiner Lektüre im Exil ein Stück weit in dem Roman lebe und der ich ihn fast täglich beim Dauerlauf vorgelesen oder als Hörspiel höre und der ich nun seinen Kommentar (ohne den Text dazu) lese und der ich wirklich sehr wunderbare Tage mit der Frau in Blooms Stadt verbracht habe, für mich also hatte er dennoch seinen Reiz.«
** Man erinnert sich noch an Hans Köberlins Wünsche bezüglich seiner oder seiner Asche letzten Ruhestätte? – Warum wir jetzt nochmals darauf kommen? – Nun, bei dem Stichwort ›Montmartre‹ fiel uns § 6 von Heines Testament ein: »Wenn ich mich zur Zeit meines Ablebens in Paris befinde und nicht zu weit von Montmartre entfernt wohne, so wünsche ich auf dem Kirchhofe dieses Namens beerdigt zu werden, da ich eine Vorliebe für dieses Quartier hege, wo ich lange Jahre hindurch gewohnt habe.« (Heinrich Heine, Testament; in: Werke und Briefe, hrsg. von Hans Kaufmann, Berlin und Weimar 2. Auflage 1972, Bd. 7, S. 450). Er teilte übrigens Poes Angst: »§ 5. Ich verbiete, meinen Körper nach meinem Hinscheiden einer Autopsie zu unterwerfen; nur glaube ich, da meine Krankheit oftmals einem starrsüchtigen Zustande glich, daß man die Vorsicht treffen sollte, mir vor meiner Beerdigung eine Ader zu öffnen.« (ebd.). Außerdem, wie wir zufällig gelesen haben: »Das erste erotische Haustheater, wenn man von dem bald unterdrückten Versuch der Bordellbesitzerin Lacroix im Jahre 1741 absieht, dürfte Philipp von Orleans 1749 in Montmartre eröffnet haben.« (Artikel: Theateraufführungen, Erotische; in: Bilderlexikon der Erotik. Universallexikon der Sittengeschichte und Sexualwissenschaft, hrsg. vom Institut für Sexualforschung, Wien 1928ff., Bd. 2, S. 836).
(aus: ¡Hans Koberlin vive!, Kapitel X [Phase IV – oder: modus vivendi], 7. bis 30. Januar 2014).
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Dienstag, 12. Januar 2016
So kann es einem ergehen …
Letztlich mußte Zappa der Tatsache ins Auge sehen, daß sie [die Mothers of Invention] von einem Tanzclub nur dann engagiert werden würden, wenn sie Tanzmusik brachten.
(Barry Miles, Zappa, Berlin 2005, S. 160).
(Barry Miles, Zappa, Berlin 2005, S. 160).
Sonntag, der 12. Januar 2014
[103 / 221]
Zum Beginn des Sonntags, des 12. Januar 2014,* wollen wir einmal wieder aus Hans Köberlins Arbeitsjournal zitieren: »Gegen halbneun Uhr im Bett. Träumte von einem wegen einer ständigen Bedrohung stark befestigten Haus in den Bergen. Fred Frith lebte darin und arbeitete an seiner Musik. Ich zeigte der Frau alte Bilder, auf denen er mit Dagmar Krause zu sehen war, beide hatten die typischen Frisuren der sechziger Jahre. Nebenan, hinter dem hohen Zaun, stand ein großes Gebäude, das wie aus Schrotteilen und Stoffetzen zusammengesetzt aussah. Dann eben beim Nochmalseindösen diesen absurden Traumfetzen: zur Untersuchung mußte einer toten Ente ein Bohrkern entnommen werden.
* Am 12. Januar 1751 wurde der unglückliche Jakob Michael Reinhold Lenz geboren, und die archivierten Blätter erinnerten an François Duperyons La machine (1994), an Michel Soutters Les arpenteurs (1972) und an Tarkowskijs Offret (1986).
(aus: ¡Hans Koberlin vive!, Kapitel X [Phase IV – oder: modus vivendi], 7. bis 30. Januar 2014).
Montag, 11. Januar 2016
Joh 14.2 oder: Die einzige Erwähnung auf S. 354 (aus gegebenem Anlaß)
Am 22. Dezember 1982 stand Bob Dylan bei Zappa vor der Tür. Dylan hatte das Gefühl, den Anschluß an die zeitgenössische Aufnahmetechnik verloren zu haben, und suchte nach einem Produzenten, der mit dem neuesten Stand der Technik vertraut war. Am Klavier im Keller spielte er eine Reihe von Songs, die später auf seinem Album Infidels erscheinen sollten. Frank, dem die Stücke gefielen, erklärte sich bereit, die Platte zu produzieren, aber dann war Dylan offensichtlich die von Zappa geforderte prozentuale Beteiligung zu hoch. Nachdem er noch mit Elvis Costello und David Bowie gesprochen hatte, entschloß er sich, das Album mit Mark Knopfler zu produzieren. Wir werden niemals erfahren, was Zappa mit Infidels angestellt hätte.
(Barry Miles, Zappa, Berlin 2005, S. 353f.).
(Barry Miles, Zappa, Berlin 2005, S. 353f.).
Samstag, der 11. Januar 2014
[102 / 222]
Später las er in seiner digitalen Bibliothek die kurzen Prosastückchen aus dem Nachlaß Kafkas …
»Das Glück, Kafka zu lesen.«
Jener wunderbare Dialog zum Beispiel, nachdem sich jemand darüber mokiert hatte, daß die Weisen stets in Gleichnissen sprächen, die für den Alltag nicht Relevant wären …
Darauf sagte einer: »Warum wehrt ihr euch? Würdet ihr den Gleichnissen folgen, dann wäret ihr selbst Gleichnisse geworden und damit schon der täglichen Mühe frei.«Dann wandte er sich wieder dem Ulysses zu, Mr Blooms Odyssee durch das Rotlichtviertel, wo sich Reales mit Halluziniertem mischte. Aber wer halluzinierte? Der Autor des Stückes …*
Ein anderer sagte: »Ich wette, daß auch das ein Gleichnis ist.« Der erste sagte: »Du hast gewonnen.«
Der zweite sagte: »Aber leider nur im Gleichnis.«
Der erste sagte: »Nein, in Wirklichkeit; im Gleichnis hast du verloren.«
* Später, am 17. Januar 2014, sollte Hans Köberlin bei Nabokov, den er diesmal bereits vor Beendigung der Lektüre des Kapitels konsultierte, um eine zweite Meinung neben der seiner eigenen einzuholen, die gleiche Vermutung lesen ((Vladimir Nabokov, Die Kunst des Lesens. Meisterwerke der europäischen Literatur. Jane Austen – Charles Dickens – Gustave Flaubert – Robert Louis Stevenson – Marcel Proust – Franz Kafka – James Joyce, hrsg. von Fredson Bowers, Frankfurt am Main 1991, S. 426). Dann kam Nabokov noch auf eine poetisch formulierte Lösung, er sagte nämlich (ebd.), das Buch selber träume und habe Visionen, das Kapitel sei lediglich eine Übersteigerung, eine alptraumhafte Entwicklung der in ihm vorkommenden Personen, Gegenstände und Motive. Das hatte sich Hans Köberlin gleichfalls bereits gedacht …
»Warum vertraust du nicht auf dein Urteil?«
Was er allerdings nicht bemerkt hatte, das war, daß Joyce hier auf Visionen in Flauberts La temptation du Saint Antoine anspielte.
(aus: ¡Hans Koberlin vive!, Kapitel X [Phase IV – oder: modus vivendi], 7. bis 30. Januar 2014; siehe auch …).
Sonntag, 10. Januar 2016
Freitag, der 10. Januar 2014
[101 / 223]
Machen wir uns also an das zweite Hundert … Auch am Freitag, dem 10. Januar 2014, bescherte die Filmkalenderblattsammelkiste Hans Köberlin (…) auf dem einzigen Blatt David (*1932) und Albert Maysles mit Mick Jagger bei den Dreharbeiten von Gimme Shelter (1970). – Apropos Rolling Stones: lange bevor er es in der Systemtheorie Niklas Luhmanns mit binären Codierungen zu tun bekommen, hatte Hans Köberlin vornehmlich in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts bei anderen Zweiwertigkeiten Vorlieben festzulegen. Hier einige Beispiele, nach den Vorlieben Hans Köberlins (+) sortiert (…) John Lennon (+) und Paul McCartney …*
* »Nachdem sich die Beatles 1970 getrennt hatten, zog sich Paul McCartney auf seinen schottischen Bauernhof zurück, wo er begann, das Material für ein Soloalbum zu komponieren, das im Sommer des folgenden Jahres unter dem Titel Ram erschien. So vergiftet waren zu jener Zeit die Verhältnisse zwischen den ehemaligen Bandmitgliedern, daß Paul McCartney und John Lennon sich gegenseitig mit Schmähgesängen bewarfen und letzterer aus gutem Grund zum Beispiel den Vers ›too many people preaching practices‹ auf sich beziehen konnte. John Lennon antwortete ein paar Monate später mit dem Lied How Do You Sleep? Es enthält die Zeile: ›The sound you make is muzak to my ears.‹ Weil er gleichzeitig seinem ehemaligen Kollegen eine noch verbleibende Karriere von höchstens zwei Jahren vorhersagte, kann es keinen Zweifel geben, wie das Wort ›muzak‹ hier zu verstehen ist: John Lennon mag aus der Tanzmusik für die niederen Schichten gekommen sein, erhebt aber nun für sein Werk einen Kunstanspruch. Er rückt die Kompositionen der Beatles zumindest in die Nachbarschaft absoluter Musik.« (Thomas Steinfeld, Phänomenologie eines kleinen Gedankens. Das Hören, das Zuhören und »Muzak«; in: Merkur, Heft 789, Februar 2015, S. 28).
Auch Harry Rowohlt hatte zu dem Thema Dichotomien etwas gesagt: »Immer wieder fragen mich Menschen, ob ich nicht mal Lust hätte, den Ulysses neu zu übersetzen. Das ist völlig undenkbar, denn man ist entweder Flann-OʼBrien-Fan oder Joyce-Fan. Beides zugleich geht nicht. Man steht entweder auf Beatles oder Stones, man steht entweder auf Gina Lollobrigida oder auf Sophia Loren, man steht entweder auf Paris oder London. Beides hat in einem Menschenherzen keinen Platz. So ist das eben auch mit Flann OʼBrien und Joyce. Das ist wie St. Pauli und HSV. Entweder oder.« (Harry Rowohlt, In Schlucken-zwei-Spechte. Harry Rowohlt erzählt Ralf Sotscheck sein Leben von der Wiege bis zur Biege, Berlin 2002, S. 146f.). – Nun, im Herzen von Hans Köberlin waren viele Kammern, er war sowohl Flann-OʼBrien-Fan als auch Joyce-Fan, das ging beides bei ihm sehr gut. Was die beiden Combos anging, das hatten wir eben, würde Hans Köberlin die Lollobrigida der Loren vorziehen, bei der Stadt der Liebe und der Hauptstadt der Angeln und der Sachsen würde er wieder nicht entscheiden wollen und die Frage, ob St. Pauli oder HSV ging ihm so ziemlich am Arsch vorbei.
(aus: ¡Hans Koberlin vive!, Kapitel X [Phase IV – oder: modus vivendi], 7. bis 30. Januar 2014; siehe auch …).
Samstag, 9. Januar 2016
Donnerstag, der 9. Januar 2014
[100 / 224]
Im Traum war einer von Hans Köberlins alten Freunden zurückgekehrt, Hans Köberlin wußte nicht mehr, von wo und wohin. Der alte Freund war gekleidet wie ein Steptänzer der zwanziger Jahre: weißer Anzug, schwarze Weste und Schuhe mit Gamaschen, auf dem Kopf keck einen weißen Zylinder und in der Hand einen Stock mit Elfenbeinknauf. Er war auch wieder mit seiner ehemaligen Freundin zusammen, Hans Köberlin sah die beiden in der Nacht in der Stadt der Narren die übliche Straße entlanggehen, sie wie immer von ihm geführt. Eine ältere Frau (die Musikerbörsenwirtin, die Hans Köberlin mittlerweile an Alter übertroffen hatte?) spielte auf die alten Zeiten an. Dann half Hans Köberlin einem Mädel, das große Pflastersteine mit der Schubkarre transportierte. Die Frau sagte zu ihm, er solle nicht irgendwelchen Schlampen helfen, Pflastersteine zu transportieren, sondern schreiben.*
* Hebbels Judith: »Oft hab ich gedacht, ob der Mensch wohl auch noch kurz vor seinem Tode träumt.«
(aus: ¡Hans Koberlin vive!, Kapitel X [Phase IV – oder: modus vivendi], 7. bis 30. Januar 2014).
Freitag, 8. Januar 2016
Was sonst?
Zappa stellte sicher, daß das Ergebnis seiner Mühen dissonant war.
(Barry Miles, Zappa, Berlin 2005, S. 58).
(Barry Miles, Zappa, Berlin 2005, S. 58).
Was war in dem Päckchen?
Wenn man bestimmte Texte richtig auswendig aufsagte, bekam man als Belohnung eine Reliquie. Frank [Zappa] war ein Mal erfolgreich: Er gewann eine kleine Karte und ein Päckchen, in das etwas eingenäht war und das er niemals öffnen durfte.
(Barry Miles, Zappa, Berlin 2005, S. 27).
(Barry Miles, Zappa, Berlin 2005, S. 27).
Mittwoch, der 8. Januar 2014
[99 / 225]
Wie merkten gestern an, daß Hans Köberlins Tage nun einförmiger werden würden, nun: den Mittwoch, den 8. Januar 2014, den Todestag von Paul Verlaine (†1896; von John Zorns Naked City-Projekt gab es ein wunderbares Stück in zwei Teilen zu ihm, Absinthe hieß das Album, das wollte sich Hans Köberlin bei Gelegenheit einmal wieder anhören) und Peter Altenberg (†1919),* verbrachte Hans Köberlin im Grunde wie den gestrigen Tag: er schlief aus, schrieb zuerst seinen Traum nieder,** dachte mit ein wenig Wehmut an seine verlorene Bibliothek, las dann etwas im Bett, absolvierte dann seinen Dauerlauf, diesmal mit dem ersten Teil der John-Peel-Sessions von Soft Machine, er frühstückte dann auf der anderen Dachterrasse, schrieb und las dann so lange auf der anderen Dachterrasse, wie das Wetter das zuließ, er duschte dann und machte dann seinen Spaziergang ans Meer mit dem anschließenden obligatorischen Besuch der ›Tango Bar‹ und den obligatorischen zwei oder drei vinos tintos dort.
Hans Köberlin beendete endlich nach sechs Jahren die Lektüre èn passant – deswegen hatte es so lange gedauert – von Hebbels Tagebüchern. Er konnte sich noch genau daran erinnern, wie er die vier Bände in einem Antiquariat im Osten der Hauptstadt gekauft … Am Ende waren es bloß noch Exzerpte und Anekdoten, »Collectaneen«, wie er das genannt hatte. – Im Krankenhaus ging das frivole Gelage weiter und die schwere Geburt, nach der sich Mr Bloom erkundigen wollte, schickte sich an, zu ihrem glücklichen Abschluß zu kommen.
* Es gab gleich zwei archivierte Blätter mit Stills aus Fassbinderfilmen, nämlich Liebe ist kälter als der Tod und Der amerikanische Soldat, sowie anläßlich David Bowies Geburtstag ein Still mit ihm und Kim Novak aus David Hemmingsʼ Schöner Gigolo, armer Gigolo (1978).
** Ich hatte in meinem Kinderzimmer (mit der grünen Rauhfasertapete) Bücherregale aufzustellen, was wegen den Dachschrägen nicht so ganz einfach war, man verschenkte auf jeden Fall viel Raum. Die Regale hatte ich, glaube ich, von einem Bekannten aus der Hauptstadt, und der Busenfreund war da und es ging um irgendwelche Termine. Ich stand auf einer Leiter und sortierte oben, fast unter der Decke, die Bücher ein, die dicken grünen Bände des Grimm, als jemand vor der Haustür stand und klingelte und wie in einem Film mit Laurel & Hardy das Regal kippte, wobei es die Leiter mitriß. Elegant sprang ich von der Leiter ab und schwebte so herab, daß ich noch vor ihr und dem Regal auf dem Boden landete. Schließlich waren alle Wände vollgestellt und ich überlegte, wie ich die letzten Regale und Bücher noch unterbringen konnte. Dann nahm ich mir ein Buch zum Lesen und wollte damit irgendwohin ausgehen. Es gab ein Fest auf dem Hof, ich stand im Garten und sah zwei Mädchen, so um die vierzehn, die saßen in ihren Bikinis auf der Fensterbank im ersten Stock (wo meine Oma früher ihr Zimmer gehabt hatte und wo auch ich eine Weile gelebt habe) und ließen die Beine herunterbaumeln.
(aus: ¡Hans Koberlin vive!, Kapitel X [Phase IV – oder: modus vivendi], 7. bis 30. Januar 2014).
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Donnerstag, 7. Januar 2016
Dienstag, der 7. Januar 2014
[98 / 226]
In Hebbels Tagebüchern las Hans Köberlin: »Nimm mir das Leben, wenn Du mir denn das Leid nicht nehmen kannst!« Das erinnerte ihn an eine Abmachung qua Versprechen – »Hand drauf!« –, die er, perfide und nicht ganz ernst (wie er jetzt, wo er die Frau liebte, behauptete), dafür war es zu absurd gewesen (wie er jetzt, wo er die Frau liebte, behauptete), Diotima einmal vorgeschlagen hatte … Und dann, ein paar Seiten weiter, eine makabre Beschreibung seines, Hans Köberlins, ›als-ob‹: »halb unter der Erde liegen.« Auf die »sociale Tragödie« angesprochen meinte er, Hebbel, desweiteren, dies sei eine anthropologische Konstante und (außer aus einer religiösen oder kommunistischen Perspektive) wie der Tod keine »Frage von Schuld und Versöhnung« und ergo nicht tragisch. Hier würde Hans Köberlin gleichfalls – wie bei der Verzweiflung – ontisch und sozial (also: ontisch fundierte »sociale Tragödie« und sozial fundierte »sociale Tragödie«)* – differenzieren, wobei er sich diesmal der ontischen Seite zuschlagen würde: sein materielles Elend (auf das er seine »sociale Tragödie« reduzierte) war das Resultat seiner Haltung zur Welt und nicht das Resultat einer allgemeinen Ungerechtigkeit …
»Ich habe meine Chancen, einen Platz in der Welt zu finden, gehabt, sie aber nicht genutzt oder vertan, und das ist – zumindest für mich – tragisch …. – manchmal zumindest.«**
Dann begann Hans Köberlin – er konnte solches wie das eben gerade mittlerweile vollkommen ruhig und gelassen denken – mit der Lektüre von Heißenbüttels Projekt Nr. 1: D’Alemberts Ende, einem Buch, das er, wie gesagt, in der Bibliothek des Hauses gefunden hatte. Wenn er dann am Montag, dem 9. Juni 2014, passend zu Beginn der letzten Phase, diese Lektüre beendet haben würde, dann sollte er im letzten Kapitel »Drittes Quergespräch: Demaskierung« lesen: »Alles Material nachprüfbar. Nachzuprüfende Schauplätze, Daten, Wettervoraussagen, Sonnenuntergänge, Straßen, Personen, Berufe, Institutionen, Anspielungen, Reden, Zitate, Relationen usw.; zugleich alles völlig unprüfbar. Eine Welt aus authentischen Bestandteilen ganz und gar erfunden.« Und wir möchten zu diesem ästhetischen Ansatz, der sich zum Teil auch ein wenig mit dem unseren deckte, aber nur zum Teil, denn wir genießen die Wonnen der Postauthentizität, siehe Lionel Trilling, wir also möchten nochmals darauf hinweisen, daß wir die erste Option – »Alles Material nachprüfbar …« – durch unsere Fußnoten erheblich erleichtern.
* »… because (…) we are all born in the same way but we all die in different ways.« (James Joyce, Ulysses, with an Introduction by Cedric Watts, London 2010, S. 378).
** Wir, die wir Differenzierungen lieben, stießen bezüglich des Platzes in der Welt und wie man ihn ausfüllte auf eine interessante Differenzierung bei Milan Kundera, nämlich die Einteilung der Menschen in ›Entschuldiger‹ und in ›Anschnautzer‹. Alain, einer seiner Protagonisten in La fête de lʼinsignifiance, ging von der seit Hobbes bekannten Tatsache, das Leben sei ein Kampf aller gegen alle aus, und er fragte sich, wie so ein Kampf in einer mehr oder minder zivilisierten Gesellschaft, in der die Leute nicht übereinander herfallen könnten, sobald sie sich erblickten, verlaufe, und er kam zu der Einsicht, daß sie stattdessen versuchten, dem anderen die Schande der Schuld anzuhängen. Es gewänne immer der, dem es gelänge, den anderen schuldig zu machen, und es verliere der, der seinen Fehler zugebe. Alain exemplifizierte dies an der Situation des Touchierens auf der Straße (vgl. dazu auch vom Verf. Telos oder Beiträge zu einer Mythologie des Clemens Limbularius, Berlin 2013, S. 77ff.): wer würde den anderen anschnauzen, wer würde sich entschuldigen. In Wirklichkeit sei ja jeder der beiden zugleich Angerempelter und Rempler, und doch betrachteten sich manche sofort, spontan als Rempler, das hieße als Schuldige, und manche sähen sich immer, sofort, spontan als Angerempelte, das hieße als im Recht, bereit, den anderen zu beschuldigen und bestrafen zu lassen. Und er kam zu der traurigen und fatalen Einsicht, daß wer sich entschuldige, sich schuldig bekennen würde, und wenn man sich schuldig bekenne, ermutige man den anderen noch, einen weiter zu beschimpfen, einen anzuprangern, in aller Öffentlichkeit, bis zu seinem Tod. Und das seien die verhängnisvollen Folgen der ersten Entschuldigung (vgl. Milan Kundera, Das Fest der Bedeutungslosigkeit, München 2015, S. 55ff.). – Müssen wir noch sagen, daß Hans Köberlin wie auch Clemens Limbularius wie Kunderas Protagonisten Alain und Charles Entschuldiger waren?
(aus: ¡Hans Koberlin vive!, Kapitel X [Phase IV – oder: modus vivendi], 7. bis 30. Januar 2014).
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