Er frühstückte dennoch in dem leeren Wintergarten, und während des Frühstücks stellte sich seine Stabilität wieder ein, als er das Konzert hörte, das Miles Davis mit seinem damaligen Quintett sowie mit Gil Evans und seinem Orchester am 19. Mai 1961 in der Carnegie Hall gegeben hatte. Dabei waren, wie Hans Köberlin bei der Eröffnung So What, bei dem Davis mit dem Quintett und dem Orchester gemeinsam spielte, dachte, quasi Kind of Blue und Sketches of Spain zusammengekommen. Weiter ging es mehr oder weniger alternierend – Qrchester und Quintett –, insgesamt umfaßte das Repertoire an diesem Abend zwölf Stücke in knapp eineinhalb Stunden, wobei Teo wieder einmal zu den Höhepunkten gehörte und Hans Köberlin bei Walkin’ wieder einmal dachte, daß das so gespielt eigentlich Runnin’ heißen müßte. Bei No Blues gab es Raum für die Soli der Rhythmusgruppe und den Abschluß bildete schließlich das Adagio des Concierto de Aranjuez, etwas verhaltener als im Studio, was ihm aber nur guttat. Jemand hatte Davis erzählt, Joaquín Rodrigo hätte seine und Gil Evans Version das Adagio nicht gefallen, woraufhin der bloß auf die Tantiemen, die bald eintrudeln würden, verwiesen habe … Wie das wohl in einer Interpretation mit dem Quintett geklungen haben würde …* Er hatte noch eine Version des gesamten Concierto von Paco De Lucia, die könnte er vielleicht später …
* Vgl. Miles Davis und Quincy Troupe, Die Autobiographie, München 4. Aufl. 2000, S. 330. Dort (S. 330f.) hatte Davis auch eine Geschichte von jener Art, wie auch wir eine, ohne die Quelle angeben zu kön‐ nen, in Telos (a. a. O., S. 65 und dort in der Fußnote 242) kolportiert haben, erzählt: »Von einer Frau erfuhr ich später, daß sie einem alten Stierkämpfer, der sich zurückgezogen hatte und Stiere für die Arena züchtete, die Platte [Scetches of Spain] vorspielte […] er saß da und hörte zu. Als die Musik zu Ende war, stand er auf, zog seinen Toreroanzug an, nahm seinen Degen, ging raus, kämpfte und tötete zum ersten Mal, seitdem er sich zurückgezogen hatte, wieder einen Stier. Sie wollte wissen, warum er das gemacht hatte, und er erklärte ihr, die Musik hätte ihn so bewegt, daß er einfach hätte kämpfen müssen. Ich konnte die Geschichte kaum glauben, aber diese Frau schwor, daß es so gewesen war.«
(¡Hans Koberlin vive! oder Schreiben als Ausziehtanz. Versuch einer Langzeitdokumentation vom 2. Oktober 2013 bis zum 21. August 2014, nebst einem Prolog, anhebend bei der Schöpfung der Welt, und einem Epilog, fortdauernd bis zu deren Ende, Calpe, Berlin und Heide 2013ff., Zweiter Teil. Vom 20. Dezember 2013 bis zum 27. April 2014, X [Vierte Phase – oder: modus vivendi] Vom 7. bis zum 30. Januar 2014, S. 955f.).