Freitag, 19. August 2016

Dienstag, der 19. August 2014


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Am Abend schauten sie sich dann mit dem Beamer des Sohnes an die Wand projiziert die Wiederholung einer Tatort-Episode aus dem Jahre 2012 an, Borowski und der stille Gast. Ein unscheinbarer Briefzusteller ‒ eine physiognomisch typische Rollenbesetzung mit einem Schauspieler, der einen auf bestimmte Art und Weise schmalen Mund hatte ‒ schlich sich in die Wohnungen von Frauen, die ihm gefielen, und lebte dort während deren Abwesenheit auf unangenehme und Paranoia auslösende Art und Weise: er benutzte ihre Zahnbürsten,* leckte an ihrem Essen, roch an ihrer Wäsche et cetera. Man beging nicht den Fehler, die Zuschauer nach Einführung des anonymen und für die Opfer bis kurz vor dem fatalen Ende weitgehend unsichtbaren Stalkers im Unklaren zu lassen, so war es eine ziemlich spannende Ermittlung. Außerdem kam Borowski in dieser Episode dahinter, daß seine Assistentin Sarah Brandt an Epilepsie litt. Er verriet sie nicht, legte ihr aber dringend nahe, den Beruf zu wechseln, was sie wohl nicht tun würde.** Sie wurde von einer Heroinabhängigen gebissen, vielleicht, so spekulierte Hans Köberlin, wurde das ja auch noch fortgesetzt.*** Am Ende entkam der Stalker, nachdem er beteuert hatte, er sei kein schlechter Mensch (Borowski: »Das ist mir scheißegal! Zwei Frauen sind tot.«).****


* Das kannte Hans Köberlin in nochmals gesteigerter Form aus David Foster Wallaces Infinite Jest.
** Wir wissen, daß sie es nicht tat und unseres Wissens bis heute dabei ist.
*** Es wurde das nicht.
**** Am Sonntag, dem 29. November 2015, sollte Hans Köberlin nach dem Sehen der Fortsetzung Borowski und die Rückkehr des stillen Gastes in seinem Arbeitsjournal notieren: »Noch ein Fehler der neueren Episoden, auf den wir beim Anschauen dieser gekommen sind: man glaubt, es sei spannender, wenn der Ermittler persönlich betroffen ist. Dies hier war nur ein schwacher Abklatsch der Originalepisode.«

(aus: ¡Hans Koberlin vive!, Kapitel XXIII [Transfer retour], 13. bis 21. August 2014).