Herbert Neidhöfer, homme de lettres
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Von der Westküste ·
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Freitag, 12. Februar 2016
Mittwoch, der 12. Februar 2014
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Als seine Zeit dann gekommen war, ging er auf dem Weg, der ihn höher an der Steilküste herauskommen ließ, zum Strand. Dies war für gewöhnlich sein nach dem Dauerlauf zweiter Ausgang am Tag, in der kommenden Schwimmsaison, die allerdings länger auf sich warten lassen sollte, als Hans Köberlin gehofft hatte, sollten es mehr Ausgänge geben. Der Himmel war blau und der Wind blies stetig, undenkbar war ihm eine Zeit, in der andere Wege gegangen würden … (und doch sollte es so kommen). Als er die Playa La Fossa-Levante erreichte, zog er seine Schuhe aus, krempelte seine Hosenbeine hoch und lief den ganzen Strand entlang durch die anrollenden Wellen. Es würde noch ein paar Wochen der wärmenden Sonne brauchen, dachte er sich, bis man mehr wagen könnte, obwohl die unerschrockenen – »schmerzfreien«, wie Carlos Metafoía die angelsächsischen genannt hatte – Schwimmer immer häufiger zu sehen waren. Am Ende der Playa, am Fuß des Peñón de Ifach also, setzte er sich auf das Promenadenmäuerchen, ließ seine Füße in der Luft trocknen und rieb dann denn Sand an seinen Hosenbeinen ab, bevor er Socken und Schuhe wieder anzog. Ab jetzt würde er immer ein Handtuch in seinem Rucksack haben, nahm er sich vor. Über die Promenade dann flanierte er, sein dort Ankommen lustvoll hinauszögernd, zur ›Tango Bar‹, man konnte noch einen Moment auf der Terrasse sitzen und einer der Kellner brachte ihm unaufgefordert ein Glas Rotwein nebst einer Schale mit Nüßchen, sehr schön das, um die blaue Stunde war um diese Jahreszeit kaum jemand unterwegs, auch das, die melancholische Leere, sehr schön. Und Hans Köberlin mußte einmal wieder an den Hilfsbuchhalter Bernardo Soares denken …* Es gab anschließend noch das ein oder andere im ›Consum‹ – auf dessen C er in einem Traum vom Montag, dem 13. Januar 2014, mit einem Präzisionsgewehr geschossen, wie er sich jetzt wieder erinnerte – zu besorgen, er erledigte das, während die Sonne wieder einmal spektakulär hinter dem Morro de Toix, dem Castellet de Calp und der Sierra de Oltà unterging.
* »Wie anders ist die Seele eines Menschen, der das Kommen der Nacht betrachtet. Ungewiß und allegorisch gehe ich weiter, unwirklich wahrnehmend. Ich bin wie eine Geschichte, die jemand erzählt hat, so gut erzählt, daß sie Fleisch geworden ist zu Beginn eines der Kapitel dieses Romans, der die Welt ist: ›Zu dieser Stunde konnte man einen Mann sehen, der langsam die Straße entlangging …‹« (Fernando Pessoa, Das Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares, hrsg. von Richard Zenith, Zürich 2003, S. 186).
(aus: ¡Hans Koberlin vive!, Kapitel XII [Phase 5 – oder: Un gringo en Calpe], 10. Februar bis 6. März 2014).
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