Sonntag, 21. August 2016

Donnerstag, den 21. August 2014


[324 / 0]
Und was Edmond heute vor 133 Jahren in sein Journal notiert hatte, das paßte zu Hans Köberlins Stimmung …
Sonntag, 21. August ‒ Manchmal, wenn ich meine Feder hinwerfe ‒ und hier werfe ich sie am Ende eines Kapitels hin, in dem ich versucht habe, mein inneres Zerbrechen nach dem Tod meines Bruders wiederzugeben ‒, sage ich unwillkürlich ganz laut:
»Hab keine Angst, mein Kleiner, ich bin immer noch da … Und wir haben zusammen so viele alte Dinge ausgegraben, und das in dem Moment, in dem das heldenhaft war, daß einmal ein Jahr des XX. Jahrhunderts kommen wird, in dem jemand sagt: ›Ja, sie sind es, die all das vollbracht haben!‹«*
»Ja, ich war das, der all das in den vergangenen 324 Tagen vollbracht hat«, sagte sich Hans Köberlin, natürlich dabei sich auch bei den Brüdern, bei denen ja Edmonds Prognose sich erfüllt, bedankend, »ja ich war tatsächlich dort gewesen und habe dort gelebt, Tag um Tag für mich und so, daß es gut war.« Es sei freilich alles eher unheroisch verlaufen, gab Hans Köberlin zu, und er ging nicht davon aus, daß in einem Jahr des XXII. Jahrhunderts sich noch irgend jemand daran erinnern würde. ‒ Wir, die wir nun seit weit mehr als 324 Tagen an dieser Langzeitdokumentation sitzen, wir hoffen natürlich, daß es auch im XXII. Jahrhundert noch Leute geben wird, die sich für Hans Köberlin interessieren.
Aber Hans Köberlin? ‒ »Aujourd’hui, pour être heureuse, il doit oublier le passé, ne plus songer à l’avenir.«**


* Edmond & Jules de Goncourt, Journal. Erinnerungen aus dem literarischen Leben, Leipzig 2013, Bd. 7, S. 47.
** Vgl. Honoré de Balzac, LʼEnfant maudit.

(aus: ¡Hans Koberlin vive!, Kapitel XXIII [Transfer retour], 13. bis 21. August 2014).