Sonntag, 6. August 2017

Fenster #152

Fenster #151

Puzzle

Vor seiner Geschichte [The Imp oft the Perverse] gab Poes Erzähler eine allgemeine essayistische Abhandlung über diesen Impuls zur Fehlleistung, in der er in vielen Details diesbezügliche Gedanken Sigmund Freuds vorwegnahm, vor allem natürlich den, daß wir nicht Herr im eigenen Hause seien. Diese Abhandlung endete mit dem berühmten Bild eines Mannes am Abgrund: »And because our reason violently deters us from the brink, therefore do we the most impetuously approach it. There is no passion in nature so demoniacally impatient, as that of him who, shuddering upon the edge of a precipice, thus meditates a plunge. To indulge, for a moment, in any attempt at thought, is to be inevitably lost; for reflection but urges us to forbear, and therefore it is, I say, that we cannot.« (Edgar Allan Poe, The Complete Tales and Poems, with an introduction by Hervey Allen, New York 1938, S. 282). – Ja-ja: abyssus abyssum invocate … (Ps 42.8). Poe hatte dieses Thema, das ihm wohl eines der essentiellen war, auch in The Tell-Tale Heart und The Black Cat variiert und Julio Cortázar in raffinierter Manier in seiner Erzählung Puzzle: ein Mann tötete darin seinen Schwager und versteckte die Leiche in einem Wandschrank, der wiederum in der Manier von Poes The purloined letter getarnt wurde. Seine Schwester präsentierte ihm anschließend etwas in einer Suppenterrine – man mußte nicht sagen, was, siehe Finchers Se7en (1995) – und er saß schließlich wie Poes Erzählerfigur in einer Zelle. Cortázars Erzähler erzählte – unterbrochen von den Dialogen des Täters mit der Schwester – dem Täter, was er getan hatte, ein sehr wirkungsvoller Kunstgriff, den auch Lars von Trier in Europa (1991) angewendet hatte.

(Julio Cortázar, Cuentos Completos, La otra orilla (1945), Plagios y Traducciones).