… blätterte er zurück und las nochmals die Beschreibung des Etiketts der von Vater Krull produzierten und vertriebenen Sektflaschen, auf dem »eine nur mit Spangen und Halsketten bekleidete Frauengestalt zu sehen war, welche, mit übergeschlagenem Beine auf der Spitze eines Felsens sitzend, erhobenen Armes einen Kamm durch ihr wallendes Haar führte.« Hans Köberlin imaginierte … »erhobenen Armes … nur mit Spangen und Halsketten bekleidet« …*
* »Ein paar locker gesponnene Spinnweben dienten als Büstenhalter, oder auch eine Natter, die sich um ihren Busen wand, während ein paar Perlen, die an ihrer Hüfte befestigt waren, aussahen wie das erotische Beiwerk eines Satyrs. In ihren historischen Vamp-Rollen trug sie schweren Schmuck und metallische Ketten auf der nackten Haut, was einen gewissen Unterton der Perversität erzielte.« (Alexander Walker; zit. nach. Seeßlen, Die Ästhetik des erotischen Films, a. a. O., S. 11; entweder aus The Celluloid Sacrifice. Aspects of Sex in the Movies, New York 1967, oder aus Sex in the Movies, Baltimore 1968). Die Rede war hier von Theda Bara, dem »ersten menschlichen ›Gesamtkunstwerk‹, das der Film hervorbrachte« (Seeßlen, ebd.). Auch sie hatte die Kleopatra v e r k ö r p e r t , wie ein Still aus J. Gordon Edwardsʼ Film von 1917, das wir Hans Köberlins Fundus entnommen haben, eindrucksvoll belegte. Román Gubern hatte in seiner Historia del cine (Barcelona 1969, edición revisada y actualizada de 2014) zu Theda Bara im Kontext des Typ ›Vamp‹ geschrieben: »El perfil psicológico de estas mujeres no es nítido. Como escribe Edgar Morin ›la vamp, surgida de las mitologías nórdicas, y la gran prostituta, surgida de las mitologías mediterráneas, tan pronto se distinguen como se confunden en el seno del gran arquetipo de la mujer fatal.‹ Lo que sí es definible es cada una de las individualidades de esta gran familia arqueólogos del cine erótica. Los americano aseguran que su primera vamp fue Alice Hollister, que en 1913 interpretó el papel de María Magdalena y dos cintas de expresivos títulos: The Vampire y The Destroyer, ambas sobre el egoísmo y la crueldad de una mujer dispuesta a todo para sostener su vida lujosa y parásita. Pero ni la Hollister ni la actriz danesa Betty Nansen, que William Fox importó en 1914, consiguieron la rotunda e indiscutible celebridad de Theda Bara. Nacida en 1890 en Cincinnati (Ohio) y de ascendencia judeoinglesa, Theda Bara fue un producto creado por el departamento publicitario de la Fox. Su verdadero nombre era Theodosia Goodman, pero la Fox hizo circular la fabulosa versión de que la joven actriz había nacido en el Sahara, fruto de los amores prohibidos de un oficial francés y de una muchacha árabe, que murió al darla a luz. Su nombre ‒ cuya sonoridad era por cierto vagamente nórdica ‒ era un anagrama de las palabras ›muerte árabe‹ (arab death, en inglés). Al público le encantó aquella leyenda y se la creyó. Para redondear el mito la Fox creó un eslogan sugestivo con que arropar a su estrella: ›La mujer más perversa del mundo‹ (the wickedest woman in the world). Con este fascinante aparato publicitario entró Theda Bara en el cine para encarnar los personajes de Carmen, Madame Du Barry, Cleopatra, Safo, Salomé, Margarita Gautier y otros que testimonian la escasa imaginación de los productores de todos los tiempos. Theda Bara levantó, desde la pantalla y en su vida privada, turbulentas pasiones y atizó la ira de todas las organizaciones puritanas y bienpensantes del país, que además alegaban que miss Theda Bara practicaba el espiritismo y las ciencias ocultas. Con Theda Bara se incorpora un elemento clave en el mosaico de la mitología sexual. Siguiendo sus pasos vendrán luego Nita Naldi, Barbara LaMarr, Greta Nissen, Mae West, Evelyn Brent, Margaret Livingstone, Betty Blythe, Lya de Putti, Carmel Myers, Alma Rubens, Pola Negri, Olga Baclanova … Todo un desfile de provocativas bellezas, que exhibirán generosamente su epidermis, en perpetuo duelo con todas las censuras del mundo, y añadirán capítulos gloriosos a la antología osculatoria de la pantalla.« ‒ Am Montag, dem 21. Juli 2025, sollten die Frau und Hans Köberlin als Tagesausflug den Schauplatz von Hitchcocks To Catch a Thief (1955)** besuchen. Dabei erstand Hans Köberlin auf einem marché aux puces eine reich bebilderte zweibändige italienische Ausgabe von Guberns Historia del cine, Storia del Cinema, traduzione dallo spagnuolo da Umberto Serra, Napoli 1972, in der in Bd. 1 auf S. 151 Theda Bara als Kleopatra abgebildet war, im gleichen Kostüm ‒ oder besser: Schmuck ‒ wie auf der Abbildung aus Hans Köberlins Fundus. Wir geben diese hier wieder.
Seeßlen hatte ihr in seiner Ästhetik des erotischen Films (a. a. O., S. 7ff.) den zweiten Abschnitt seines ersten Kapitels, Der Stummfilm, gewidmet: Die Geburt des Stars: Theda Bara. Und auch er hatte die von Fox kolportierte Geschichte, noch etwas ausgeschmückt, wiedergegeben: »Die filmgeschichtliche Legende will, daß er [der Künstlername ›Theda Bara‹] ein Anagramm von arab death darstellt, doch ist er vermutlich eine Umformung ihres Vornamens Theodosia und eine Verkürzung des Familiennamens ihrer Mutter, Baranger. Was die Publicity-Abteilung von Fox an den Geschichten und Mythen um ihre Erscheinung rankte, war ganz auf die Charakterisierung als ›schöne Fremde‹ abgestimmt, die mit dem Typus femme fatale korrespondierte. Nach dieser Legende war sie die Tochter eines arabischen Scheichs und einer Prinzessin, die mit dem Blut von Schlangen genährt worden war und von nomadischen Wüstenstämmen entführt wurde. Sie habe, so hieß es, die Gabe der Prophetie, und die unersättliche erotische Gier, die ihre Rollen auszeichne, sei auch Wesensmerkmal der Schauspielerin selbst. Zu Beginn ihrer Karriere bestand Fox außerdem darauf, daß Theda Bara vorgeben mußte, nicht Englisch zu sprechen.« (ebd., S. 10f.).
** Am Sonntag, dem 14. Februar 2010, hatte Hans Köberlin, damals noch im Wahn oder zumindest in der Illusion, dazu geschrieben: »Hitchcock bezeichnete den Film gegenüber Truffaut als ›eine leichte Geschichte‹ [Truffaut / Hitchcock, a. a. O., S. 188]. Das war es auch, und ich hatte sie etwas flotter in Erinnerung. Grace Kelly kam wirklich recht gut ins Bild. Zu ihr sagte Hitchcock: ›Weshalb ich immer wieder auf die mondän reservierten blonden Schauspielerinnen zurückkomme? Ich brauche Damen, wirkliche Damen, die dann im Schlafzimmer zu Nutten werden.‹« [ebd.].
(¡Hans Koberlin vive! oder Schreiben als Ausziehtanz. Versuch einer Langzeitdokumentation vom 2. Oktober 2013 bis zum 21. August 2014, nebst einem Prolog, anhebend bei der Schöpfung der Welt, und einem Epilog, fortdauernd bis zu deren Ende, Calpe, Berlin und Heide 2013ff., Zweiter Teil. Vom 20. Dezember 2013 bis zum 27. April 2014, XV [Der dritte Besuch der Frau und andere Besuche] Vom 11. bis zum 21. April 2014).
