Sonntag, 19. Dezember 2021

»… et adieu la verve.«

Mais comment, me direz-vous, le poëte, l’orateur, le peintre, le sculpteur, peuvent-ils être si inégaux, si différents d’eux-mêmes ? C’est l’affaire du moment, de l’état du corps, de l’état de l’âme ; une petite querelle domestique ; une caresse faite le matin à sa femme, avant que d’aller à l’atelier : deux gouttes de fluide perdues et qui renfermaient tout le feu, toute la chaleur, tout le génie ; un enfant qui a dit ou fait une sottise ; un ami qui a manqué de délicatesse ; une maîtresse qui aura accueilli trop familièrement un indifférent ; que sais-je ? un lit trop froid ou trop chaud, une couverture qui tombe la nuit, un oreiller mal mis sur son chevet, un demi-verre de vin pris de trop, un embarras d’estomac, des cheveux ébouriffés sous le bonnet ; et adieu la verve. Il y a du hasard aux échecs et à tous les autres jeux de l’esprit. Et pourquoi n’y en aurait-il pas ? L’idée sublime qui se présente, où était-elle l’instant précédent ? À quoi tient-il qu’elle soit ou ne soit pas venue ? Ce que je sais, c’est qu’elle est tellement liée à l’ordre fatal de la vie du poëte et de l’artiste, qu’elle n’a pas pu venir ni plus tôt ni plus tard, et qu’il est absurde de la supposer précisément la même dans un autre être, dans une autre vie, dans un autre ordre de choses.

(Denis Diderot, Œuvres complètes de Diderot, volume XI, Promenade Vernet (Salon de 1767).

Die hintere Dachterrasse

Samstag, 18. Dezember 2021

1965-12-23 Chicago 1st Set [Montag, der 10. Februar 2014]

Wegen des starken Windes mußte Hans Köberlin im leeren Wintergarten frühstücken. Salami, Käse, Butter, Marmelade und Eier waren noch von vorletzter Woche im Kühlschrank gewesen und im Eisfach das Toastbrot für alle Fälle. Er frühstückte, um an die Frühstücke in der Hauptstadt, in der er ja gestern noch gewesen, anzuknüpfen, mit dem ersten Set jenes Konzerts, das Miles Davis am 23. Dezember 1965 – da war der Busenfreund ein Jahr alt geworden – in der für ihre Schlachthöfe berüchtigten Stadt gegeben hatte. Es war das gleiche Programm wie bei dem ersten Set des Vortags, das Hans Köberlin nicht mehr so im Gedächtnis hatte, daß er hätte vergleichen können. Die Musik rauschte die ersten zehn Minuten dahin, dann ließ Herbie Hancock Hans Köberlin aufhorchen. Während er also mehr oder weniger konzentriert hörend da saß und auf das schaute, was man durch die beiden nicht satinierten Glastüren des leeren Wintergarten sehen konnte – den Hof, die Mauer zum vorderen Garten, den Zitronenbaum, die Palme, die Nachbarhäuser, die Hochhäuser und den Morro de Toix – begann die in der Hauptstadt verbrachte Zeit bereits wieder unwirklich zu werden … gestern am Morgen noch in der ersten Dämmerung bei Kaffee durch das Küchenfenster der Frau auf die Spree geschaut … Bei Stella By Starlight war es Wayne Shorter, der Hans Köberlins besondere Beachtung fand, der Meister selber tauchte vor allem bei den ruhigeren Passagen oder bei unerwarteten Tempowechseln in seinem Bewußtsein auf. Aber es müßte nun einmal wieder etwas Elektrisches kommen, etwas aus seiner, Hans Köberlins, Zeit. I Fall In Love Too Easily war eine Erholung nach Walkin’, irgendeiner der Miles-Davis-Biographen, Hans Köberlin wußte nicht mehr, wo er es gelesen hatte, hatte einmal die Bandbreite der Auftritte jener Zeit mit »Balladenstimmung« und »hektische Treibjagd« abgesteckt, das traf es ganz gut.

(¡Hans Koberlin vive! oder Schreiben als Ausziehtanz. Versuch einer Langzeitdokumentation vom 2. Oktober 2013 bis zum 21. August 2014, nebst einem Prolog, anhebend bei der Schöpfung der Welt, und einem Epilog, fortdauernd bis zu deren Ende, Calpe, Berlin und Heide 2013ff., Zweiter Teil. Vom 20. Dezember 2013 bis zum 27. April 2014, XII [Fünfte Phase – oder: Un gringo en Calpe] Vom 10. Februar bis zum 6. März 2014, S. 1182).

Mittwoch, 15. Dezember 2021

Die Galerie #1 (Stand 28. Mai 2014)

Die Abbildung zeigte den Stand vom Mittwoch, dem 28. Mai 2014, es sollten noch, wie aus unserem Bericht zu ersehen sein wird, einige schöne Nackte dazukommen, das vollständige Ensemble zeigen wir unten auf einer Doppelseite. Hans Köberlin sah also Catherine Deneuve in Belle de Jour (1967),* darunter Maruschka Detmers unter der Dusche in Prénom Carmen (1983), dann rechts neben Catherine Deneuve die ihre Bluse aufknöpfende Gudrun Krüger in Die Halbstarken (1956), dann Anna Baldaccini in Sauve qui peut (la vie) (1980) und schließlich die gleichfalls duschende Margarita Borissowna Terechowa in Zerkalo (1975).

* Eben erinnern wir uns sehr gut daran, daß wir in der Fußnote 1062 auf S. 292 geschrieben haben: »Aber das Bild von Catherine Deneuve schlechthin war gleichfalls wegen des morgigen Geburtstages auf einem der alten archivierten Filmkalenderblätter, nämlich sie mit entblößtem Oberkörper von seitlich hinten gesehen, ihr linker Arm verdeckte die linke sichtbare Brust bloß teilweise, und sie blickte über die Schulter mit leicht geöffnetem Mund ihren Betrachter an … Das war natürlich das berühmte Still aus Belle de Jour (1967) von dem genialen Luis Buñuel […] Hans Köberlin sollte morgen dieses Kalenderblatt nehmen und […] es im Schlafzimmer neben dem Still aus Buñuels Un chien Andalou (vgl. oben S. 231) an die Wand drapieren …« – Aber wo war dieses Still aus Un chien Andalou auf der Photographie oben?! Wir sind uns sicher, daß es dort war, als wir die Photographie machten, und wir haben es auch in unseren Unterlagen …

Un chien Andalou (Luis Buñuel, 1928)

Montag, 6. Dezember 2021

Empirie, 24. Update

¡Hans Koberlin vive! in Daten (der Stand von heute):
  • Stand des Manuskripts:
    • Seiten: S. 1.628 von ca. 2.400 Seiten
    • Fußnoten: 4.525
  • Stand der Bearbeitung:
    • Seiten: S. 1.373 von ca. 2.400 Seiten
    • Fußnoten: 3.735
    • Kapitel: XIII (= Zweites Intermezzo – oder: Die Hälfte der Zeit des Exils) von XXIV Kapiteln nebst einem Anhang
    • Tag der Bearbeitung: Freitag, der 7. März 2014, der 157. von 324 konkreten und von allen möglichen Tagen
  • Der Beginn der Handlung ist mit Analepsen der Sonntag, der 23. Oktober 4004 vor unserer Zeitrechnung, 9 Uhr vormittags,* ohne Analepsen der Herbst 2012.
  • Das Ende der Handlung fällt mit den Prolepsen mit dem Ende der (oder bloß einer?) Welt zusammen,** ohne Prolepsen mit dem Frühjahr 2016.
  • Beginn der Niederschrift: Mittwoch, den 2. Oktober 2013
  • Ende der Niederschrift: noch nicht abzusehen.
Mit der Vorbereitung zur Publikation des ersten Teilbandes wurde mittlerweile begonnen.

  • Stand der Überarbeitung:
    • Seiten: S. 778 von 778 Seiten
    • Fußnoten: 2.280
    • Kapitel: VIII (= Dritte Phase – oder: Konsolidierung) von VIII Kapiteln nebst einem vorläufigen Anhang
    • Tag der Überarbeitung: Donnerstag, der 19. Dezember 2013, der 79. von 324 konkreten und von allen möglichen Tagen
Mit der Vorbereitung zur Publikation des ersten Teils des zweiten Teilbandes wurde mittlerweile begonnen (obwohl der erste Teilband noch nicht publiziert wurde – c’est la vie).

  • Stand der Überarbeitung:
    • Seite: S. 1.163
    • Fußnoten: 3.137
    • Kapitel: XII (= Phase 5 – oder: Un gringo en Calpe)
    • Tag der Überarbeitung: Montag, der 10. Februar 2014, der 132. von 324 konkreten und von allen möglichen Tagen


* (= die Fußnote 5 auf S. 7) »Non in tempore sed cum tempore Deus creavit caela et terram.« (Augustinus).
Nun: »In der Schiffsbibel von Charles Darwin auf der ›Beagle‹, mit der er von 1831 bis 1836 die Welt bereiste, stand das Datum der Weltschöpfung eingetragen: 23. Oktober 4004 vor Christi Geburt, 9 Uhr vormittags.« (Hans Blumenberg, Die Sorge geht über den Fluß, Frankfurt am Main 1987, S. 47). Das war ein Sonntag, am folgenden Freitag war er, der Schöpfer, fertig, und auch das jüngste Gericht soll nach christlichen Vorstellungen auf einen Freitag fallen, ein Datum haben wir gerade nicht zur Hand.
»Soldats, quarante siècles vous regardent!«
»L’ouvrage que j’ai entrepris aura la longueur d’une histoire«, hatte Balzac stolz in seinen Avant-Propos de La Comédie humaine postuliert.
** (= eine Anmerkung aus der fünften Nachlese) »Die Welt des Dichters ist nicht die einzige Welt. Es gibt mehrere Dichter.« (Bertolt Brecht, Schriften zum Theater 1; in: Gesammelte Werke, hrsg. vom Suhrkamp Verlag in Zusammenarbeit mit Elisabeth Hauptmann, Frankfurt am Main 1967, Bd. 15, S. 393).

Wird aktualisiert!

Sonntag, 5. Dezember 2021

1965-12-22 Chicago 3rd Set [Sonntag, der 9. Februar 2014]

… also: noch ein heftiger Kuß, dann ließ er die Sicherheitskontrollen über sich ergehen und setzte sich, übermüdet von dem wenigen Schlaf, in den Wartebereich vor dem Gate, legte seine Ohrhörer an und hörte, auf die Aufforderung zum Einstieg in das Flugzeug wartend, das dritte Set jenes Konzerts, das Miles Davis am 22. Dezember 1965 in der für ihre Schlachthöfe berüchtigten Stadt gegeben hatte. Dreieinhalb Stunden hatte das Quintett in den drei Sets dieses Tages gespielt, und am Folgetag sollten es fast vier Stunden in vier Sets werden. Dieses Set begann mit All Of You, Miles Davis spielte mit Dämpfer dann kam Wayne Shorters Part, der das Warten zu einem Film machte. Von der schwarzen Serie an bis zu den Anfängen der Nouvelle Vague waren Trompete und Saxophon die wichtigsten Instrumente bei Soundtracks, und das Klavier vielleicht noch – denn Herbie Hancocks Einsatz kam gerade –, und Baß und Schlagzeug … also: von der schwarzen Serie an bis zu den Anfängen der Nouvelle Vague kamen die wichtigsten Soundtracks von Jazzquintetten. Übergangslos erfolge der Tempowechsel zu Oleo, dann, ohne Dämpfer, I Fall In Love Too Easily, das einzige Stück, daß sie an diesem Dezembertag zweimal gespielt hatten, dann No Blues und I Thought About You, was Hans Köberlin natürlich tat, an die Frau denken nämlich, auch als er sich an den Rest der Schlange vor den beiden Schaltern anstellen mußte, dort das Ticket zur Kontrolle vorzeigte und zu den letzten Takten des Schlußthemas seinen Platz im Flugzeug einnahm.

(¡Hans Koberlin vive! oder Schreiben als Ausziehtanz. Versuch einer Langzeitdokumentation vom 2. Oktober 2013 bis zum 21. August 2014, nebst einem Prolog, anhebend bei der Schöpfung der Welt, und einem Epilog, fortdauernd bis zu deren Ende, Calpe, Berlin und Heide 2013ff., Zweiter Teil. Vom 20. Dezember 2013 bis zum 27. April 2014, XI [Erstes Intermezzo – oder: Zäsur] Vom 31. Januar bis zum 9. Februar 2014, S. 1156).