Herbert Neidhöfer, homme de lettres
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Mittwoch, 18. Mai 2016
Sonntag, der 18. Mai 2014
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In Max Frischs Der Mensch erscheint im Holozän tauchte das Buch Die Welt in der wir leben auf, ein Buch, das auch Hans Köberlins Kindheit begleitet hatte. Er hatte aber nie darin gelesen, er hatte sich immer bloß die Bilder angeschaut und von denen immer bloß bestimmte, die mit den Sauriern und den Urmeeresbewohnern und die mit dem heimischen Sonnensystem und dem Kosmos und der wie ein Kürbis aufgeschnittenen Erde mit ihrem glühenden Kern. Hans Köberlin gelangte, als er sich wegen seiner Max-Frisch-Lektüre an Die Welt in der wir leben erinnerte, zu der Einsicht, daß er wohl ein ziemlich oberflächliches Kind gewesen sein mußte. War er ja manchmal auch noch heute …*
* Das einzige Bild in dem ganzen Bilderbuch mit seinen ausklappbaren Bildertafeln, das Spuren von menschlichem Eingriff in jene Welt, in der er, der Mensch, und auch er, Hans Köberlin, lebte, zeigte, war, wenn sich Hans Köberlin richtig erinnerte, ein kleines Schwarzweißbild von Le Mont-Saint-Michel in dem Abschnitt, in dem es um Gezeiten ging. Das zweite Buch in der Art, das Hans Köberlin besessen – Unsere Welt. gestern, heute, morgen. 1800-2000 –, hatte dagegen explizit das Wirken des Menschen thematisiert. Die beiden Bücher hätten sich also ganz gut ergänzt, hätte der vorpubertäre und frühreif pubertierende Hans Köberlin sie nicht bloß so oberflächlich rezipiert, das letztgenannte Buch allerdings in einer anderen Art der Oberflächlichkeit, einer Art, die in dem späteren Leben des postpubertären Hans Köberlin seine Tiefe werden sollte: der postpubertäre Hans Köberlin erinnerte nämlich noch gut jene Photographie einer Theaterinszenierung in dem Kapitel, das den Schock der modernen Kunst auf das bürgerliche Publikum behandelt hatte (so reimte er sich das jetzt zurecht); man sah darauf vor einer Hebbel- oder Wagnerkulisse eine üppige dunkelhaarige Schauspielerin mit einem üppigen Speer, also keine drahtige mit einer mediterranen Lanze … eine Brunhilde? – jedenfalls: sie war nackt gewesen und hatte schöne Brüste gehabt man hatte auf der Photographie ihr gleichschenkelig üppiges Schamhaardreieck und ihre unrasierten Achselhöhlen gesehen …: »… but what should a poor boy do …?«
(aus: ¡Hans Koberlin vive!, Kapitel XVIII [Drittes Intermezzo – oder: Der Geburtstag der Frau], 15. bis 21. Mai 2014).
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