Dienstag, 29. März 2016

Samstag, der 29. März 2014


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Und er las also: »Was uns als natürlich vorkommt, ist vermutlich nur das gewöhnliche einer langen Gewohnheit, die das Ungewohnte, dem sie entsprungen, vergessen hat. Jenes Ungewohnte hat jedoch einst als ein Befremdendes den Menschen angefallen und hat das Denken zum Erstaunen gebracht.«* Nun, wir haben ja bereits oft genug erwähnt, daß Hans Köberlin schon lange nichts mehr an seinem Zustand »als natürlich« vorkam und daß das Ungewohnte hier ihm zur Gewohnheit geworden war, trotz Dauerlauf und Promenade und ›Tango Bar‹ und ›striptease table‹, auch trotz Zahnpflege und Körperpflege und Mahlzeiten und Stuhlgang. Ihn hatte dieser Ort, so, Heideggers Begriffe weiter umkehrend und vertauschend, sagte er sich jetzt – und wir können das nur bestätigen! – wie ein Vertrautes angefallen. Und um sein Denken machte er sich keine Gedanken, denn Gedanken konnte man nicht lesen.


* Martin Heidegger, Der Ursprung des Kunstwerks, Stuttgart 1960, S. 16. Die Wanderschuhe (bei der Frau gab es gemalte auf einer alten Truhe), erinnerte Hans Köberlin …

(aus: ¡Hans Koberlin vive!, Kapitel XIV [Phase 6 – oder: Sehnsucht], 13. März bis 10. April 2014).