Zu diesem Frühstück mit Spiegelei hörte Hans Köberlin jenes Konzert, das Miles Davis am 18. Juni 1970 at the Fillmore East gegeben hatte. Die Sets waren fast identisch gewesen in jenen Tagen und Hans Köberlin nahm sich einmal wieder vor, das Vertraute der Stücke zu transzendieren und sehr genau zuzuhören und auf die den Augenblicken der Aufführung entsprungenen Nuancen zu achten, und wir bemühen uns einmal wieder mehr oder weniger dilettantisch, dieses Unterfangen einigermaßen in Worte zu fassen. – Zum Auftakt natürlich Directions, das Stück hatte hier nicht für es charakteristisch mit Baß und Schlagzeug begonnen, sondern ein kleines Willie Nelson-Vorspiel außerhalb des üblichen Grooves bekommen, zu dem es auch nicht – wie bei Interpretationen vorher und nachher, etwa in einem halben Jahr in Washington – wieder fand, sondern eher in einem mittlerweile bereits ein Jahr lang hin zu der Jack Johnson-Zeit gereiften Stil von Bitches Brew blieb. Dem entsprechend folgte The Mask, dem Hans Köberlin bei jedem Hören mehr abgewinnen konnte. Bei dem Auftritt gestern aus der Zeit unmittelbar nach Bitches Brew war die Band mit dem Bitches Brew-Repertoir n o c h n i c h t w i e Bitches Brew aufgetreten, und jetzt schon n i c h t m e h r w i e. Wenn Heraklit recht hatte, dann bei Miles Davis. Es folgte It’s About That Time, noch erkennbar, aber schon sehr weit entfernt von In A Silent Way. Geführt von den Baßläufen hatte Hans Köberlin keine Mühe, genau zuzuhören. Es verlief sich dann und die Trompete erfüllte den Raum eine kurze Weile, um auf Bitches Brew überzuleiten, das – wie auch sonst?! – charakteristisch begann, so blieb es eine Weile, dann kam es zu einer bemerkenswerten Reduktion auf Trompete und Orgel, die – wie am Vortag Chick Corea mit dem E-Piano – die Stelle des Baß einnahm, damit sollte es ausklingen, aber das Publikum bekam noch seine Zugabe, Spanish Key, das nahe an der Version der Studiosession blieb, und Hans Köberlin fühlte sich einmal wieder wie ein Faun.
(¡Hans Koberlin vive! oder Schreiben als Ausziehtanz. Versuch einer Langzeitdokumentation vom 2. Oktober 2013 bis zum 21. August 2014, nebst einem Prolog, anhebend bei der Schöpfung der Welt, und einem Epilog, fortdauernd bis zu deren Ende, Calpe, Berlin und Heide 2013ff., Zweiter Teil. Vom 20. Dezember 2013 bis zum 27. April 2014, XII [Fünfte Phase – oder: Un gringo en Calpe] Vom 10. Februar bis zum 6. März 2014, S. 1341f.).
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