Donnerstag, 15. Oktober 2015

Dienstag, der 15. Oktober 2013


[14 / 310]
»Ich habe geträumt, daß ich mir für siebenEurofünfundneunzig die CD In the Court of the Crimson King (1969) gekauft habe …
Cat’s foot iron claw
Neuro-surgeons scream for more
At paranoia’s poison door.
Twenty first century schizoid man …
Das Ambiente dieses Einkaufs war eine Großstadt mit mediterranem Flair, es war aber kein Sommer. Diese Traumumgebung verdankte sich bestimmt den kurzen Aufenthalten in den beiden Städten während der Rückreise vor ein paar Tagen, besonders der Besuch des ›El Corte Inglés‹ in der Hauptstadt der autonomen Region. Das Album von King Crimson ist ein Klassiker, vielgehört in meiner Jugend und auch danach noch ab und an …
Said the straight man to the late man
Where have you been
I’ve been here and I’ve been there
And I’ve been in between.
… ein Klassiker sicher, aber woher gerade diese Reminiszenz an die Vergangenheit? Warum nicht … etwa: The Dark Side of the Moon? – Von Albano schrieb Jean Paul im Titan, fällt mir dabei ein, daß der ›noch nicht ein Schuldner der Vergangenheit, sondern ein Gast der Gegenwart‹ sei.* Da muß ich wieder hinkommen.«
Dies also notierte Hans Köberlin, noch im Bett liegend, auf dem kleineren der beiden Laptops in sein Arbeitsjournal.
Es begann sich nun – am dritten Tage konnte man das bereits sagen – ein Muster im Tagesablauf des Hans Köberlin zu etablieren, das sich mit ein paar kleinen Abweichungen über die nächsten zwei Wochen der Herausgabe und Kommentierung des Telosfragments so halten würde, nämlich …
  • erwachen,
  • dauerlaufen mit schwimmen,
  • frühstücken, duschen,
  • Arbeit am Fragment und schließlich
  • nochmals schwimmen und ein Besuch der ›Tango Bar‹.**
Zum Abendessen briet er sich nach bewährter Tradition (was bei ihm jetzt soviel hieß wie: wie mit der Frau zusammen) in Olivenöl mit reichlich Knoblauch und leider nicht sehr scharfen Peperoni fünfzehn Langostinos, die er dann zu einer Flasche Weißwein in der bereits fortgeschrittenen Abenddämmerung bei Kerzenschein – der sich für solch eine Fummelesserei jedoch als nicht ausreichende Lichtquelle erwies – auf der Dachterrasse verzehrte.


* Jean Paul, Titan; in: Sämtliche Werke, hrsg. von Norbert Miller und Gustav Lohmann, München 1959ff., 1. Abt.: Erzählende und theoretische Werke, Bd. 3, S. 269. – Aktuell nicht ganz passend, wohl aber zu Hans Köberlins Exil und zu dessen Auslöser passend fiel ihm ein Dialog aus einem kurzen Prosastück von Borges ein: Abel und Kain begegneten sich darin nach dem Todschlag, und Kain bat seinen Bruder um Vergebung, woraufhin jener fragte, ob er, Kain, ihn, Abel, getötet habe oder ob es umgekehrt gewesen sei, er erinnere sich nicht mehr. Darauf sprach Kain, jetzt wisse er, daß er, Abel, ihm vergeben habe, denn vergeben sei vergessen, was Abel, das Prosastück damit abschließend, bestätigte, um dann noch Kains Einsicht mit der Weisheit abzurunden, nur solange die Reue dauere, dauere die Schuld (vgl. Jorge Luis Borges, Legende; in: Werke in 20 Bänden, hrsg. von Gisbert Haefs und Fritz Arnold, Bd. 12: Schatten und Tiger, Frankfurt am Main 1993, S. 86).
** Eine vom Prinzip her ähnliche, aber in den, die nichtliterarischen Aspekte betreffenden Punkte arg divergierende Auflistung erstellte auch der Erzähler-Protagonist (?) in Flann O’Briens At Swim-Two-Birds, um anschließend als weiteres Beispiel den typischen Tagesablauf einer jungen Methodistin und den typischen Tagesablauf einer fiktiven gälischen Sagengestalt anzufügen, vgl. Flann O’Brien, In Schwimmen-zwei-Vögel, Zürich 1989, S. 209ff.

(aus: ¡Hans Koberlin vive!, Kapitel V [Phase I – oder: Altlasten], 13. Oktober bis 2. November 2013).

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