Freitag, 29. September 2017

Después del almuerzo

Die Erzählperspektive war wieder die eines Jungen. Sein Vater hatte ihn genötigt, etwas Unspezifiziertes auszuführen, wobei bald die Vermutung aufkam, daß es sich um einen geistig schwerstbehinderten Verwandten handelte. Eindringlich war die Schilderung der Not des Jungen in der Öffentlichkeit. Auf dem Hauptplatz der Stadt gab er der Versuchung nach, den ihm Anvertrauten sich selber zu überlassen, kehrte dann aber doch wieder zurück. Die Form war sehr klassisch, das heißt in einer unsichtbaren Sprache gehalten.

(Julio Cortázar, Cuentos Completos, Final del juego (1956), Parte III).

Mittwoch, 27. September 2017

Relato con un fondo de agua

In der Manier von E. A. Poe: ein Mann erzählte einem ehemaligen Freund (der nur gespiegelt in dem Monolog des Ich-Erzählers auftauchte) einen Traum von einem Fluß mit einem Ertrunkenen darin. Diesen Traum hatte er vor Jahren einem anderen – gemeinsamen – ehemaligen Freund erzählt. Mit jenem ging er zu der Stelle der empirischen Entsprechung der Traumtopographie. Jener sah sich um diesen Ort betrogen, sein Freund habe einen fremden Traum geträumt, und der Träumer erkannte sich in dem Ertrunkenen wieder.

(Julio Cortázar, Cuentos Completos, Final del juego (1956), Parte III).

Torito

Dies war der interior monologue eines Boxers, der seine eigene Geschichte reflektierte, nachdem er einen wichtigen Kampf verloren hatte und nun im Krankenhaus lag.

(Julio Cortázar, Cuentos Completos, Final del juego (1956), Parte II).

»It is the evening of the day …«

Montag, 25. September 2017

»… need mending.«

… for we are all somehow dreadfully cracked about the head, and sadly need mending.

(Herman Melville, Moby-Dick; or, The Whale, Chapter XVII The Ramadan).

El móvil

Wieder ging es darum, einen Mann zu töten, diesmal gab es allerdings ein Motiv, nämlich Rache. Die Rächer wußten bloß, daß der Betreffende einen blau tätowierten Arm hatte und sich auf einem Schiff nach Frankreich befand. Der Abgesandte der Rächer hatte drei Verdächtige und setzte eine Kellnerin, die er aufgerissen hatte, auf seinen Hauptverdächtigen an, um herauszufinden, ob es die Tätowierung am Arm gab. Die bevorzugte bald diesen, was den Rächer wurmte. Am Ende gab es zwei Lesarten: entweder er hatte den richtigen erwischt, oder die Eifersucht war ein noch stärkeres Motiv als Rache gewesen. Sehr gelungen!

(Julio Cortázar, Cuentos Completos, Final del juego (1956), Parte II).

Freitag, 22. September 2017

Los amigos

Hemingways The Killers oder Borges ohne Metaphysik: ein Mann erhielt den Auftrag, einen ehemaligen Freund zu töten (ein Motiv wurde nicht genannt). Er führte den Auftrag aus.

(Julio Cortázar, Cuentos Completos, Final del juego (1956), Parte II).

Donnerstag, 21. September 2017

La banda

Ein Mann ging ins Kino, doch die anderen Zuschauer waren falsch und vor dem Film trat eine schlechte Damenkapelle auf. Dann kam der Film, doch die Wirklichkeit der Illusion, die er im Kino erwartet hatte, war kontaminiert, denn der Mann kam zu der Ansicht, daß – wie bei Matrix – all das Schlechte und das Falsche das Wirkliche, das Reale gewesen war.

(Julio Cortázar, Cuentos Completos, Final del juego (1956), Parte II).

Der Herbst

Mittwoch, 20. September 2017

Sobremesa

Ein Briefwechsel um eine Einladung, ein Zeitsprung (so erkläre ich das mir) und ein Ereignis …: sehr geschickt komponiert.

(Julio Cortázar, Cuentos Completos, Final del juego (1956), Parte II).

Montag, 18. September 2017

Una flor amarilla

Ein Mann glaubte, hinter eine Art von Wiedergeburtsmodus gekommen zu sein, der die Menschen unsterblich machte. Doch seine persönliche Reinkarnation, die er entgegen des Üblichen kennenlernen konnte, starb in jungen Jahren, so daß er mit seinem Tod ins Nichts eingehen würde. Zunächst begrüßte er die Aussicht aufs Verschwinden, doch angesichts einer gelben Blume wollte er dann doch im Etwas bleiben.

(Julio Cortázar, Cuentos Completos, Final del juego (1956), Parte II).

Donnerstag, 14. September 2017

Mittwoch, 13. September 2017

El ídolo de las Cícladas

Hier gab es wieder die Konstellation Ehepaar – Freund. Die Geschichte selbst war in der Manier Lovecrafts und etwas banal: der Freund des Ehepaares hatte bei archäologischen Ausgrabungen eine archaische Figur, die Wohl bei Opferritualen zum Einsatz gekommen war, gefunden. Zuerst der Freund, dann der Ehemann, nachdem er den Freund in Notwehr getötet, gerieten in den Bann der Figur und in einen Blutrausch. Zum Schluß sollte wohl die Frau das Opfer sein.

(Julio Cortázar, Cuentos Completos, Final del juego (1956), Parte II).

Dienstag, 12. September 2017

Las Ménades

Diese Erzählung erschien mir in manchen Aspekten (aber nicht von der wesentlichen These her) wie eine Illustration von Christoph Türckes Essay im Merkur (Nr. 626, Juni 2001, 55. Jg., S. 509-519), Zurück zum Geräusch. Die sakrale Hypothek der Musik: während eines hochritualisierten klassischen Konzertes überfällt Raserei das Publikum und wie einst Orpheus wurden der Dirigent und die Musiker des Orchesters von den Rasenden zerrissen. Interessanter als die Schilderung dieses »Zurück zum Geräusch« fand ich die Beschreibung des Kulturspießbürgerlichen, das dieser Art von Konzerten anhaftet. Bei Türcke diente die (Proto-)Musik dazu, die Opferschreie zu übertönen, hier fand die Opferung nach der Musik während es Applauses statt.

(Julio Cortázar, Cuentos Completos, Final del juego (1956), Parte I).

Sonntag, 10. September 2017

Heute vor siebzehn Jahren war auch Sonntag gewesen


In Prousts Le temps retrouvé tauchten in Marcels Bericht mehrmals Erinnerungen auf, die im Kontext zu seiner Zeit mit Albertine standen. Er bemerkte dann stets, das mache ihm nichts mehr aus. Neben eine dieser Passagen – »Ainsi étais-je ému parce que la tache brune dans le ciel d’été n’était ni un moucheron, ni un oiseau, mais un aéroplane monté par des hommes qui veillaient sur Paris. Le souvenir des aéroplanes que j’avais vus avec Albertine dans notre dernière promenade, près de Versailles, n’entrait pour rien dans cette émotion, car le souvenir de cette promenade m’était devenu indifférent.« – hatte Hans Köberlin in seiner Ausgabe am Rand mit einem Bleistift angemerkt: »Er macht sich etwas vor!« Und wie zur Bestätigung las er auf der nächsten Seite (der Seite 71 seiner Ausgabe): »Ah! si Albertine avait vécu, qu’il eût été doux, les soirs où j’aurais dîné en ville, de lui donner rendez-vous dehors, sous les arcades. D’abord, je n’aurais rien vu, j’aurais eu l’émotion de croire qu’elle avait manqué au rendez-vous, quand tout à coup j’eusse vu se détacher du mur noir une de ses chères robes grises, ses yeux souriants qui m’auraient aperçu, et nous aurions pu nous promener enlacés sans que personne nous distinguât, nous dérangeât et rentrer ensuite à la maison. Hélas, j’étais seul …« – In Hans Köberlins Ausgabe der temps retrouvé konnte man neben anderen noch eine weitere sehr wichtige Anmerkung, sehr wichtig in seiner, Hans Köberlins, Vita oder sehr wichtig für seine Vita, finden, ebenfalls mit Bleistift, und zwar auf S. 507: »Sonntag, den 10. September 2000, 19Uhr26. Das Wort ›Temps‹ gelesen.«

Mittwoch, 6. September 2017

La puerta condenada

Eine Konstellation wie in Lars von Triers Ridget: ein Kind weint in einem Gebäude und dieses Weinen ist nicht in der Realität zu verorten. Der Stil ist wieder klassisch, das Unerhörte passiert nebenbei und relativ unspektakulär.

(Julio Cortázar, Cuentos Completos, Final del juego (1956), Parte I).

»It is the evening of the day …«

Gegenschuß

Montag, 4. September 2017

Los venenos

Was hatte der Plural im Titel zu suchen? – Neben dem Ameisengift waren es die Gifte des Liebesverrats und der Eifersucht. Diesmal war es direkt die Perspektive des Kindes …: eine Erzählung im klassischen Stil, wie man sie zu lesen liebt.

(Julio Cortázar, Cuentos Completos, Final del juego (1956), Parte I).

El río

Ein Mann im Halbschlaf sinniert, ob sich seine Frau tatsächlich in die Seine gestürzt hat. Anscheinend hat sie. Der titelgebende Fluß ist die Seine und auch das Mäandern der Gedanken des Mannes.

(Julio Cortázar, Cuentos Completos, Final del juego (1956), Parte I).

Das ist ein (der?) Himmel