Es gibt etwas, was Dante nicht ausspricht, was durch die ganze Episode hindurch zu spüren ist und ihr vielleicht ihre Gültigkeit verleiht. Mit unendlicher Milde berichtet Dante uns vom Geschick der beiden Liebenden, und wir fühlen, daß er sie um dieses Geschick beneidet. Paolo und Francesca befinden sich in der Hölle, Dante wird erlöst werden, sie jedoch haben einander geliebt, er dagegen hat die Liebe der Frau, die er liebt, Beatrices Liebe, nicht erringen können. Es ist etwas von erhabenem Trotz darin, und Dante muß es als schrecklich empfunden haben, denn er ist längst fern von Beatrice. Diese beiden Verworfenen hingegen sind zusammen, können nicht miteinander sprechen, kreisen im schwarzen Wirbel ohne jede Hoffnung, nicht einmal dann, sagt uns Dante, enden die Leiden, aber sie sind zusammen. Wenn Francesca spricht, sagt sie »wir«: Sie spricht für beide, eine andere Form des Zusammenseins. Sie sind in Ewigkeit vereint, teilen die Hölle miteinander, und für Dante muß das eine Art von Paradies gewesen sein.
Wir wissen, daß er sehr bewegt ist. Alsbald fällt er wie ein toter Körper.
(Jorge Luis Borges, Die göttliche Komödie; in: Werke in 20 Bänden, hrsg. von Gisbert Haefs und Fritz Arnold, Bd. 16: Die letzte Reise des Odysseus, Frankfurt am Main 1992, S. 90f.).
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