Montag, 29. Mai 2017

Fenster #135

P. K. D. #101

In Holy Quarrel trifft man auf einen Vorläufer von HAL 9000 oder der Bombe aus Dark Star. Ein Computer soll die Kriegsgefahr schneller als die Menschen erkennen und einen Präventivschlag vornehmen – so bereits geschehen gegen Frankreich und Israel. Als der Großrechner wegen eines Betreibers von Kaugummiautomaten Nordkalifornien auslöschen will, blockiert man ihn. Es beginnen Untersuchungen sowohl des Computers als auch des Kaugummiimperiums. Dabei kommt heraus, daß der Computer eine religiöse Psychose haben muß, woraufhin man ihn abschaltet. Doch am Ende hatte er doch recht, denn die Kaugummis entpuppen sich als extraterrestrische Einzeller, die sich durch Teilung vermehren und dabei die Welt überschwemmen. – Der Plot ist nicht (mehr?) ganz ausgereift.

Sonntag, 28. Mai 2017

Samstag, 27. Mai 2017

P. K. D. #100

In Your Appointment will be Yesterday wurde in Teilen der Welt der Lauf der Zeit umgedreht. Der Protagonist war ein Bibliothekar, der für die Gesellschaft gefährliche Erfindungen auslöschte. Zu Inkonsistenzen kam es, als es um eine Erfindung ging, die mit der Zeitumkehrung zu tun hatte. Gut war an der Machart der Geschichte – bei der ich an Zum Beispiel Otto Spalt denken mußte –, daß die Welt ohne Erklärungen eingeführt wurde. Aber es blieb zuviel offen, vieles war nicht bis zum Ende durchdacht und funktionierte logisch nicht.

P. K. D. #99

A Terran Odyssey ist die bisher beste Geschichte, sie hätte auch von den Strugatzkis kommen können (Die Schnecke am Hang). Geschildert werden Impressionen aus einer postkatastrophischen Welt. Der Anhang berichtet, daß es sich um zusammengestellte Auszüge aus einem Roman handelt; ich vermute, diese Zusammenstellung ist poetischer als der Roman. Auch in der postkatastrophischen Welt gibt es bei Dick Schlampen (in der Zeit muß ihm eine Frau zugesetzt haben).

Freitag, 26. Mai 2017

Fenster #133

Fenster #132

P. K. D. #98

Auch in Retreat Syndrome geht es um den Status der Realität. Ein Mann zweifelt an dem, was um ihn ist, und vermutet, daß er manipuliert wird. An einem gewissen Punkt der Geschichte erzählt ihm sein Psychiater, daß er in einem durch einen Schuldkomplex ausgelösten Wahn lebt. Wegen ihm ist ein Unabhängigkeitskrieg gescheitert, nachdem seine Frau hinter die Pläne der Revolte kam und diese im Kontext eines Ehestreits verraten hat. Seitdem versucht er immer wieder, die Frau zu töten. Daß es sich um einen Wahn handelt, ist am Ende ziemlich eindeutig, man hätte es offener lassen können.

Donnerstag, 25. Mai 2017

Fenster #131

P. K. D. #97

Precious Artifact ist wieder ein Vorläufer von Matrix. Ein Ingenieur, der nach einem interplanetaren Krieg den Mars rekultiviert, hat den Verdacht, daß irgendetwas nicht stimmt. Er reist zurück nach Terra und stellt fest, daß die Aliens den Krieg gewonnen haben und ihn nun brauchen, um die vollkommen zerstörte Erde wieder zu rekultivieren. Sie gaukeln ihm zunächst vor, die Welt sei heil, dann bringen sie ihm nach und nach bei, daß seine Situation schlimmer sein könnte (ein Argument der humanoiden Alienfrau war, daß sie ja auch paarungsunfähig sein könnten). Am Ende, wo er denkt, er habe alle Schlichen durchschaut, bekommen sie ihn mit einem künstlichen Kätzchen herum.

Mittwoch, 24. Mai 2017

Fenster #130

P. K. D. #96

In A Game of Unchance landen regelmäßig Schausteller auf einer Kolonie. Die Siedler geben ein Großteil ihrer Ernte für die Spielgeschäfte aus und werden regelmäßig abgezockt. Als sie mit Hilfe eine telekinetisch begabten Jungen endlich gewinnen, entpuppt sich der Gewinn als eine Invasion von feindlichen Miniaturrobotern – das trojanische Pferd fällt einem ein: die Einladung des Feindes. Man nimmt sich vor, sich künftig von den Schaustellern fern zu halten, aber der Reiz ist für die Provinzler zu groß, und beim nächsten Rummel kann man Fallen gewinnen, die den Miniaturrobotern den Garaus machen würden. Es geht also bloß um Bauernfängerei. Die sexuellen Anspielungen nehmen in Dicks Geschichten zu – wie die Schilderungen der durch den dritten Weltkrieg verwüsteten Erde abnehmen ‒, aber weniger knistert es zwischen gleichberechtigen Personen als zwischen einem Chef und seiner Untergebenen oder es werden auf dem Rummel Go-Go-Girls und Stripperinnen gezeigt.

Samstag, 20. Mai 2017

P. K. D. #95

The War with the Fnools ist leicht zu gewinnen, weil man die als Menschen getarnte Aliens gleich erkennt, da sie nur sechzig Zentimeter groß sind. Ein Agent macht sich einen Gag daraus, einen gefangenen Fnool an einer Zigarette ziehen zu lassen – prompt wächst er auf einszwanzig, und ein Glas Scotch bringt ihn auf normale Größe. Nun hat man das Problem, ihn unter den Menschen aufzuspüren, aber das Vögeln macht aus ihm einen Riesen, den man gleich wieder erkennt. Die drei Laster … Hier lag wohl der Ehrgeiz Dicks, ironisch zu sein.

Fenster #128 (Alles neu …)

Mittwoch, 17. Mai 2017

Heute einmal nicht aus gegebenem Anlaß

Unter allen Gegenständen, die Baudelaire als erster dem lyrischen Ausdruck erschlossen hat, dürfte einer voranstehen: das schlechte Wetter.

(Walter Benjamin, Das Passagen-Werk; in: Gesammelte Schriften, unter Mitwirkung von Theodor W. Adorno und Gershom Scholem hrsg. v. Ralf Tiedemann und Hermann Schweppenhäuser, Frankfurt am Main 1991, Bd. V.1, S. 168).

»It is the evening of the day …«


P. K. D. #94

In The Little Black Box / »From Ordinary Household Objects« leidet ein religiöser Führer für seine Anhänger. Die leiden mittels eines schwarzen Geräts (einer Art Pain Station) mit. Die Regierung sieht diese Religion als Bedrohung an und möchte sie unterbinden. Die Protagonistin – zuerst skeptisch eingestellt – wird durch die Nachstellungen der Regierung in die Klauen der Religion getrieben. Es ist eine etwas unausgegorene Geschichte, in der die mit den Figuren hervorgerufene Empathie konträr zu ihrem Tun ist: das Religiöse – besonders das auf Leiden basierende ‒ ist zu verdammen. Laut Dick bildet die Geschichte die Grundlage von Do Androids Dream of Electric Sheep? Es ging ihm darum, was der religiöse Führer war, ein Android oder ein Alien oder nur ein Mensch, eine Frage, die ich für zweitrangig halte. Jeder religiöse Führer ist ein abzuschaffender.

Non vitae, sed scholae …

In jedem Jahrhundert muß die Menschheit nachsitzen.

(Walter Benjamin, Das Passagen-Werk; in: Gesammelte Schriften, unter Mitwirkung von Theodor W. Adorno und Gershom Scholem hrsg. v. Ralf Tiedemann und Hermann Schweppenhäuser, Frankfurt am Main 1991, Bd. V.1, S. 177).

Sonntag, 14. Mai 2017

P. K. D. #93

In Oh, To Be a Blobel! / »Well, See, There Were These Blobels …« hatte die Menschheit Krieg gegen die Blobels – große intelligente Amöben ‒ geführt. Es hatte auf beiden Seiten Agenten gegeben, die sich je in die andere Spezies verwandelt hatten. Nach dem Krieg war diese Verwandlungsfähigkeit nur zum Teil reversibel, und die Betroffenen verbrachten ein Leben halb und halb. Um einem darunter leidenden Mann zu helfen, verkuppelte ihn sein Psychoanalytiker mit einer Blobel-Agentin. Die Geschichte ist die Geschichte des Scheiterns dieser Ehe, aus der vier Kinder nach den mendelschen Gesetzen hervorgingen: ein Blobel, zwei Hybride und ein Mensch. Der Protagonist war ökonomisch ein Looser, der durch seine Blobel-Frau zum erfolgreichen Geschäftsmann wurde. Am Ende verwandelte sich die Frau nach der Trennung aus Liebe zum kompletten Menschen, und der Mann aus Gier zum kompletten Blobel. Man bemerkt die sexuelle Liberalisierung der sechziger Jahre deutlich in Dicks Geschichten.

Donnerstag, 11. Mai 2017

Dienstag, 9. Mai 2017

P. K. D. #92

In Whatʼll We Do With Ragland Park? / »No Ordinary Guy« tritt das Personal der vorherigen Geschichte wieder auf, der bauernschlaue Tyrann und der Nachrichtenclown. Protagonist ist der Betreiber eines Kultursenders, der den Nachrichtenclown aus dem Gefängnis holt und einen Folksänger engagiert, dessen Balladen kurz nach dem Vortrag Realität werden, also eine … du rissest dich denn ein.-Geschichte. Der Sänger ahnt nichts von seiner Gabe, und als der Intendant sie entdeckt, bekommt er es mit der Angst ob solcher Macht zu tun, und er fragt sich, wie man den Sänger unschädlich machen kann. Der erledigt das selber, indem er seinen eigenen Märtyrertod besingt. ‒ Häufig bleiben die Orte, an denen sich Dicks Figuren aufhalten, zu vage.

Samstag, 6. Mai 2017

P. K. D. #91

In Stand-by / »Top Stand-by Job« wird die USA von einem Elektronengehirn regiert. Für den Fall seines Ausfalls stellt die Gewerkschaft einen sogenannten Bereitschaftspräsidenten. Dieser bauernschlaue Dumpfmensch übernimmt während eines durch einen Alien-Angriff ausgelösten Computerausfalls die Herrschaft, nachdem er sich zuvor mit dem obersten Nachrichtenclown überworfen hat. Die beiden kämpfen um die Macht, bis das wieder reparierte Elektronengehirn sich zurückmeldet und dem Treiben ein Ende setzt. Ich mußte an Sopranos denken und die Scheinarbeitsplätze, die die Mafia auf diversen Baustellen betrieb.

Montag, 1. Mai 2017

Fenster #126

P. K. D. #90

In The Days of Perky Pat / »In the Days of Perky Pat« verbringen die Überlebenden eines globalen Krieges ihre Zeit damit, eine Art von Barbie-Puppen-Monopoly zu spielen, während ihre Kinder sich heimlich die basalen archaischen Überlebenstechniken aneignen. Es kommt bei dem Spiel zu einem Duell zweier Bunker, wobei die titelgebende Figur, die sich im Teenageralter befindet, gegen eine Figur antritt, die eine reife Frau ist, und zudem schwanger, was impliziert, daß sie Sex hatte. Es ging um Dekadenz und darum, sein Schicksal in die Hand zu nehmen. Ich mußte an Die Schnecke am Hang von den Strugatzkis denken. Dick kommt es immer, wie bereits desöfteren erwähnt, um die Ausarbeitung einer Idee für eine Geschichte an. Das Interessante, das zwischen Idee und Geschichte liegt und in dessen Ausfabulierung Borges ein Meister war, taucht bloß punktuell auf.

Fenster #125

P. K. D. #89

Orpheus With Clay Feet ist wie Waterspider eine autothematische Geschichte, was mit dem basalen Paradox der Zeitreisen in die Vergangenheit korreliert. Leute, die selbst nicht kreativ sind, reisen in die Vergangenheit, um Künstler zu ihren Werken zu inspirieren. Der Protagonist will einen SF-Autor zu dessen großem Epos inspirieren, was aber schiefläuft und das Epos aus der Geschichte verschwinden läßt. Der Autor verarbeitet sein Erlebnis mit dem Zeitreisenden in einer Geschichte mit dem Titel Orpheus With Clay Feet und stirbt verarmt. Der Protagonist muß daraufhin als Strafe in die Vergangenheit, um den Hitler der wiener Malerzeit zu deinspirieren.

Fenster #124

Fenster #123

Fenster #122

P. K. D. #88

What the Dead Men Say / »Man With a Broken Match« ist in einer Zeit angesiedelt, in der man nach dem Tod noch ein gewisses Quantum Halbleben hat, bevor man endgültig stirbt. Man kommt in Leichenhallen, in denen die Verwandten noch einige Zeit an sogenannten »Wiederauferstehungstagen« mit einem kommunizieren können. Als der mächtigste Mann der Erde stirbt, funktioniert sein Halbleben nicht, dafür hört man durch sämtliche Medien auf der Erde ununterbrochen seine Stimme aus dem All vor sich hinbrabbeln und kann dies Gebrabbel auch in sämtlichen Zeitungen lesen. Und als dann seine psychopathische und drogensüchtige Enkelin ihn beerbt und sein PR-Mann sich in die Erbin verliebt ‒ ein Novum bei den Geschichten bisher ‒, setzen die Verwicklungen ein. An deren Ende entpuppt sich die Erbin als Drahtzieherin des Komplotts, das man mitverfolgt hat, und unter denen, die sich ihr entgegenstellen und sie ausschalten wollen, zieht ausgerechnet der PR-Mann beim Losen um diese undankbare Aufgabe den Kürzeren. Die Erzählung ist etwas zu lang geraten.

P. K. D. #87

Waterspider ist eine autothematische satirische Erzählung: man hat ein Raumfahrtproblem und alles technische Wissen stammt aus Science-Fiction-Magazinen, deren Autoren man für Präkogs hält. Um das Raumfahrtproblem zu lösen, reist man in die Vergangenheit auf einen Kongreß der Science-Fiction-Autoren, wo Dick, Bradbury et cetera sich versammelt haben. Einen der Autoren holt man in die eigene Zeit, er löst das Problem, aber als man ihm vor der Rückreise in die Vergangenheit die Erinnerung an die Zeitreise löscht, ist auch die Lösung wieder verschwunden.