Freitag, 1. Januar 2016

Mittwoch, der 1. Januar 2014


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Mittwoch, der erste Januar (›enero‹ im hiesigen Idiom) 2014* …: es begann also jenes Jahr, welches einmal hätte Hans Köberlins letztes Jahr sein sollen. Daran war nun allerdings nicht mehr zu denken, und das Ende seiner Zeit hier an der weißen Küste lag noch in relativ unbestimmter Ferne …
Und Hans Köberlin las im Ulysses, wie Mr Bloom – wie bereits von Nabokov angekündigt – ein Plädoyer für die Liebe hielt. Dann ging es unter den nationalistischen Zechern um einen Zeitungsartikel …: »Itʼs only initialled: P. – And a very good initial too, says Joe.« Ob Clemens Limbulariusʼ Freund P. daher wohl die Anregung genommen, sich P. zu nennen?** Und Hans Köberlin las weiter und las – Nausikaa alias Gerty MacDowall, ausgerechnet die Tochter des »citizen« – das Kapitel zu Ende. Nabokovs Bemerkungen dazu waren eher mager. Als nächstes käme dann – aber jetzt nicht mehr, morgen – das dreizehnte, wie gesagt das Nausikaa-Kapitel, und er mußte an Robert von Ranke-Gravesʼ Version der Odyssee denken, in der jener Nausikaa das Epos verfassen ließ, nachdem Odysseus sie von ihren Freiern befreit hatte … von Freiern befreit ist nun die Maid … Und wie so oft in der Zeit nach der Katastrophe stellte er sich die Frage …
»Ob ich nochmals dazu kommen werde, den Roman (er meinte jetzt Ranke-Gravesʼ Homerʼs Daughter) zu lesen?«
Er hatte meistens so gelesen, als würde er das nochmals lesen, was – das Zweimallesen – ja auch eine gute Methode war. Aber angesichts des zu Lesenden und angesichts der alten Weisheit ars longa vita brevis (die Geschichten aus tausendundeiner Nacht hatte er auch noch nie vollständig gelesen …) dachte er mittlerweile, man sollte jedes Buch so lesen, als sei es das letzte Buch, das man lesen könne.


* Es gab bloß zwei Filmkalenderblätter in der Filmkalenderblattsammelkiste, nämlich das von 1997 mit La provinciale (Mario Soldati, 1953), wo auf dem Still unter anderem auch die junge Gina Lollobrigida zu sehen war, und das von 1996 mit einem Still aus Straßenmusik (Hans Deppe, 1936). Nach Hans Köberlins neuem Zitatenkalender, den er, wie gesagt, erst am 9. Februar aufhängen sollte, war Neumond und am 1. Januar 1857 war James George Frazer geboren worden, dessen The Golden Bough Eingang in Hans Köberlins Basisbibliothek gefunden hatte, und zitiert wurde der kanadische Zeichner Jimmy Beaulieu mit der Aussage, man könne nicht gleichzeitig das Leben und die Menschen lieben. Hans Köberlin – von dem man wahrhaft nicht sagen konnte, er sei ein Philanthrop – würde dem widersprechen: wenn man überhaupt diese Differenz ziehen könne, dann war das Leben ohne Menschen nichts. Aber dann ging ihm auf, daß es wohl um das ›die Menschen‹ ging und nicht Menschen wie die Frau oder der Busenfreund, und ›die Menschen‹, also ›die Menschheit‹, die liebte Hans Köberlin nicht, weil man etwas Abstraktes nicht (im emphatischen Sinn) lieben konnte.
** Vgl. vom Verf. HannaH & SesyluS oder Eine Reise aus der Welt in drei Tagen, Berlin 2. ein wenig verbesserte Auflage 2012, S. 87. Wir glauben, es war (zwischen Clemens Limbularius und P.) keine wirkliche Freundschaft, wie etwa die zwischen dem Busenfreund und Hans Köberlin, ihre Zeit war auch nur kurz gewesen, wobei das nichts zu heißen brauchte.

(aus: ¡Hans Koberlin vive!, Kapitel IX [Der zweite Besuch der Frau], 20. Dezember 2013 bis 6. Januar 2014).

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