Samstag, 7. November 2015

Einer von jenen Sätzen, die man immer einmal wieder gebrauchen kann

Ja, komm, wir gehen am Abrund entlang, da ist es kühler.

(Arkadi & Boris Strugatzki, Das Expriment; in: Werkausgabe, hrsg. von Sascha Mamczak und Erik Simon, München 2010, Bd. 2, S. 662).

Donnerstag, der 7. November 2013


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Von der Erzählung Kiplings, die er inzwischen zuende gelesen, hatte sich Hans Köberlin mehr versprochen, nicht bloß in Hinsicht auf das üble Schicksal Peachey Taliaferro Carnehans, aber vielleicht lag das auch an der erwähnten schlechten Übersetzung, die er häufiger konsultieren mußte, weil, wie bereits gesagt: er war kein polyglotter Mensch. Die Parallelen zu Conrad waren, wir deuteten es an, eine explizite Erzählposition, die sich selber in der Zeit bewegte (die Geschichte war also keine bloße Analepse) und als Plot das Projekt: in einem Areal, in dem tribale Anarchie herrschte, eine zentrale Macht zu etablieren. Bei Conrads Jim sollte dies – Jim als Kultur- und Zivilisationsbringer – eine private Rehabilitierung sein, Kiplings Abenteurer wollten privat wiederholen, was das meeresbeherrschende Empire* – das seinen Imperialismus ja gleichfalls mit der Ideologie, Kultur- und Zivilisationsbringer zu sein, betrieb – ihnen vorgemacht hatte.**
»When everything was ship-shape, I’d hand over the crown – this crown I’m wearing now – to Queen Victoria on my knees, and she’d say: – ›Rise up, Sir Daniel Dravot.‹ Oh, its big!« – Jeder Dahergelaufene wollte sich einen Namen machen, und es war bezeichnend (und nicht mehr als berechtigt), daß den beiden imperialistischen Emporkömmlingen eine nichtdomestizierbare Frau zum Verhängnis wurde. War dieser Plot – der imperiale Emporkömmling, der an der wilden Frau zugrunde ging – nicht auch der Plot von Conrads Almayer’s Folly: A story of an Eastern River. Hans Köberlins Gedächtnis … er müßte die Zeit haben, dem nachzugehen … Ein dicker Sammelband mit Romanen und Erzählungen Conrads war auf den letzten Drücker aus Hans Köberlins Basisbibliothek verbannt worden, weil Conrad fast komplett im weltweiten Netz verfügbar war, das hieß: wenn man einen nichtlimitierten Zugang zum weltweiten Netz hatte …


* »The seas’ ruler (…) That on his empire, Stephen said, the sun never sets.« (James Joyce, Ulysses, with an Introduction by Cedric Watts, London 2010, S. 28). Queen Mum und ihre Sitten … Gin … Gin Tonic … der Sommer … die Insel des zweiten Ge-sichts … die Frau fehlte ihm so …
** Borges spottete über das Meer als die – auch literarische (siehe Horatio Hornblower) – Manie der Angeln und Sachsen und meinte im Hinblick auf seine Landsleute, das Meer sei ihre (der Angeln und Sachsen) Pampa (vgl. Jorge Luis Borges, Diskussionen; in: Werke in 20 Bänden, hrsg. von Gisbert Haefs und Fritz Arnold, Bd. 2: Kabbala und Tango, Frankfurt am Main 1993, S. 129. Und Hans Köberlins Pampa müßte, ging er nach Canettis »Massensymbolen«, der Wald sein (vgl. Elias Canetti, Masse und Macht, Frankfurt am Main 1980, S. 190). Den Angeln und Saxen ordnete Canetti wie Borges das Meer zu (vgl. ebd., S. 187), das ja eigentlich auch zu Hans Köberlin gehörte.

(aus: ¡Hans Koberlin vive!, Kapitel VI [Phase II – oder: post Telos], 3. bis 14. November 2013).